Der VfB Stuttgart nahm keine Punkte, aber eine unbezahlbare Erkenntnis aus Madrid mit. Am „denkwürdigen“ Spektakel im Bernabeu hatten auch die Fans einen gehörigen Anteil.
Enttäuscht, aber stolz: Sebastian Hoeneß mit seinen Profis nach Stuttgarts 1:3 bei Real Madrid.
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Am Mittwochmorgen trainierten in Madrid zwei Verlierer-Mannschaften gemeinsam, die sich aber beide nicht so fühlen mussten. Die Profis des VfB Stuttgart absolvierten am Tag nach dem 1:3 im Bernabeu gegen Real noch vor dem Rückflug eine Einheit zusammen mit der U 19, die sich bei ihrer Youth-League-Premiere bei den „kleinen“ Königlichen (0:1) ebenfalls gut präsentiert hatte.
Zwar hatte Deniz Undav am Dienstagabend Recht, als er feststellte: „Jetzt sagt jeder, ihr habt gut gespielt. Aber was kannst du dir davon kaufen? Nichts!“ Andererseits irrte er. Die unbezahlbare Erkenntnis, „dass wir mit der besten Mannschaft in Europa auf Augenhöhe sind“, wie es der starke Jamie Leweling formulierte, wird vor dem schwierigen Bundesliga-Heimspiel gegen Borussia Dortmund am Sonntag (17.30 Uhr, LIVE! bei kicker) schließlich ebenso helfen wie vor den nächsten Aufgaben in der Königsklasse.
Wehrle: „Das haben viele, mit denen ich gesprochen habe, selten erlebt“
In einer „denkwürdigen ersten Halbzeit“ (Sportvorstand Fabian Wohlgemuth) bestätigte sich der VfB selbst, dass er sein Spiel trotz der schmerzhaften Sommer-Abgänge konserviert hat und mutig genug ist, es auch an diesem Ort, in diesem Wettbewerb durchzuziehen; und dass er auch 2024/25 die Widerstandsfähigkeit zu haben scheint, Rückschläge wegzustecken wie die „besonders kalte Dusche“ (Wohlgemuth) durch Kylian Mbappés 1:0 unmittelbar nach dem Wiederanpfiff.
Im ersten Champions-League-Auftritt nach über 14 Jahren mit dem Rekordsieger und Titelverteidiger mithalten – „das haben viele, mit denen ich gesprochen habe, selten erlebt“, berichtete Vorstandschef Alexander Wehrle auf dem Bankett danach, auf dem Trainer Sebastian Hoeneß einen Dank an die Mannschaft richtete: „Ihr habt uns allen, inklusive mir, einen unvergesslichen Abend beschert.“
„Unsere Fans waren mehr zu hören als die gegnerischen“
Dass der in ein paar Jahren wohl trotzdem in der Rückschau nicht auf einer Stufe mit Manchester United 2003 stehen wird, liegt daran, dass die Gastgeber – auch unterstützt von Carlo Ancelottis Umstellungen – die wenigen Unterschiede für ein „typisches Real-Ding“ (Ermedin Demirovic) zu nutzen wussten: die individuellen Fehler bei den Gegentoren (Maximilian Mittelstädt, Alexander Nübel), die Weltklasse-Qualität im eigenen Tor (Thibaut Courtois), letztlich gewiss auch ihre viel größere Erfahrung.
Wussten sich im Bernabeu Gehör zu verschaffen: die VfB-Fans.
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Die VfB-Fans halfen kräftig mit, diese Unterschiede möglichst klein zu halten. Nübel erlebte schon beim Warmmachen „Gänsehautmomente“ und fand die Unterstützung „brutal“. Wohlgemuth, und nicht nur er, hatte sogar den Eindruck, „dass unsere Fans mehr zu hören waren als die gegnerischen, und das mit fünf oder zehn Prozent der Zuschauerzahl“. Das sei „bewegend“ und „außergewöhnlich“.
Dass die Anhänger sogar weit nach Schlusspfiff noch im Bernabeu feierten – „die meisten“ laut Undav „wahrscheinlich besoffen“ -, hatte allerdings pragmatische Gründe: Sie durften den Block noch nicht verlassen. Vielleicht hätten sie aber eh keinen Grund dafür gesehen.