„So in Deutschland noch nie gesehen“: Schröders große Worte für Wagner – NBA – Basketball



Der Sieg über Gastgeber Frankreich ist eine Machtdemonstration der deutschen Basketball-Weltmeister. NBA-Star Franz Wagner liefert auf beiden Seiten des Feldes Extraklasse und einen bleibenden Moment. Der 22-Jährige bringt den ebenso exzellenten Anführer Dennis Schröder ins Schwärmen.


Großes Lob von einem deutschen Basketball-Helden für den anderen: Dennis Schröder (#17) und Franz Wagner (re.).

IMAGO/camera4+


Aus Frankreich berichtet Carsten Schröter-Lorenz


„Am Abgrund“, „deklassiert“, „gedemütigt“ – die französische Sportzeitung L’Equipe sparte nicht mit Kritik am Auftritt ihrer Basketball-Mannschaft im Finale der Olympia-Gruppe B am Freitagabend. Verantwortlich dafür an diesem denkwürdigen Abend in der mit über 27.000 anfangs frenetischen Zuschauern besetzten, imposanten Basketball-Arena in Lille: die deutschen Weltmeister.


Die Mannschaft vom wie fast immer zurückhaltend Regie führenden Bundestrainer Gordon Herbert lieferte ab Ende des ersten Viertels eine atemberaubende Galavorstellung. Die in dieser Form nicht zu erwartende Dominanz ließ die Euphorie der französischen Fans schnell abebben. Stimmungsvoll blieb es trotzdem. Wegen einiger deutscher Anhänger und französischer Zuschauer, die jeden Funken ihrer Mannschaft noch in ein Aufholjagd-Feuerwerk verwandeln wollten, offenbar aber auch das extrem hohe Niveau des Gegners anerkannten.

Zunächst zurückhaltende Töne von Schröder


Angeführt wurde das DBB-Team mal wieder von seinen zwei zweifellos besten Spielern. Einer davon: Dennis Schröder. Der Kapitän führte mit viel Übersicht Regie, zog wie immer völlig furchtlos zum Korb und traf dort wie von außen sehr viele wichtige Würfe.


Am Ende trug sich Schröder mit 26 Punkten (10/17 auf dem Feld), neun Assists und vier Rebounds in die Statistik ein. Im kurzen Gespräch kurz vor Mitternacht in Lille wollte er aber nicht viel von seinem nervenstarken Top-Auftritt wissen. „Es hat Spaß gemacht. So eine Kulisse zu haben ist schon stark. Das war eine der besten Stimmungen, die wir erleben konnten und es ist gut, dass wir den Sieg eingefahren haben.“


Zurückhaltende Töne vom NBA-Star, der in seiner typisch unaufgeregten Ausdrucksweise den Teamauftritt in den Vordergrund stellte. „Unsere Stärke ist die Defensive. Wenn wir da unsere Sachen machen, kommen die Dinge in der Offensive. Da sind wir talentiert genug, haben sehr viel IQ.“

Wagner explodiert gegen Frankreich


Wie immer beim DBB-Ensemble leisteten viele Spieler ihren Beitrag – diesmal etwa Johannes Voigtmann und Isaac Bonga mit je zwei wichtigen Dreiern. Hochtalentiert ist aber vor allem Franz Wagner. Der Flügelspieler der Orlando Magic glänzt schon seit der Heim-EM 2022 als  zweiter Ausnahmespieler im deutschen Team und ist zudem acht Jahre jünger als Schröder.


Schon bei den Siegen gegen Japan (22 Punkte, 2/8 Dreiern) und Brasilien (17, 0/6) zeigte der jüngere der Wagner-Brüder gute Leistungen, hatte nur mit seinem Distanzwurf Probleme – gegen Frankreich aber explodierte er förmlich.


In der elektrisierenden Atmosphäre schien er dem französischen Publikum Ende des dritten Viertels mit einer Aktion endgültig den Glauben an ein Comeback zu rauben. An der Mittellinie startend, schüttelte Wagner erst NBA-Profi Nicolas Batum ab und vollendete dann trotz Foulspiels gegen Isaia Cordinier und Matthias Lessort einen unglaublichen Slamdunk zum 66:44. Nach seinem Bonusfreiwurf stand es 67:44.

Ein Dunk für die Geschichtsbücher?


Man muss mit solchen Urteilen vorsichtig sein, weil man logischerweise nie immer alle vergleichbaren Dunks vor Augen hat – aber für manch langjährigen Beobachter war das der spektakulärste Dunk der bisherigen DBB-Geschichte. Der ließ selbst Wagner eine andere bemerkenswerte Aktion von ihm vergessen, als er in der ersten Hälfte den Ball trotz Störung des 2,24 Meter großen Victor Wembanyama mit der linken Hand in den Korb gestopft hatte.


Der zweite Dunk ist also Wagners Favorit, der wie Schröder den Rest des Teams lobte, vor allem die physische Verteidigungsarbeit der Big Men um seinen Bruder Moritz und Daniel Theis, die es besonders Wembanyama schwer machten, den Ball in guten Positionen zu bekommen.




Franz Wagner war es jedoch, der neben Schröder die Hauptlast im Angriff trug, ebenso 26 Punkte markierte, dazu fünf Rebounds holte und zwei Assists verteilte. Wichtig für ihn und die Mannschaft. Seine ersten Dreier saßen nach der Nullrunde gegen Brasilien wieder, am Ende stand er bei 2/5.

Schröders Lobrede für Wagner


Zu seiner großen Erleichterung, wie seine Geste mit drei Fingern vor dem feixenden Gesicht nach dem ersten Treffer offenbarte. Dank „harter Arbeit“ habe er seinen Distanzwurf wiedergefunden, so Wagner. Harte Arbeit investiere auch Schröder jeden Tag im fordernden Training und hebe damit alle anderen auf ein höheres Level.


„Dennis ist ein spezieller Spieler, der Motor und Anführer der Gruppe. Er spielt und trainiert nur dafür, jedes Spiel zu gewinnen“, so Wagner, der dann selbst ein wenig später mit einer großen Lobrede von Schröder bedacht wurde.


Was Franz spielerisch macht, ist groß für den deutschen Basketball.



„Franz ist, wie soll ich sagen, ein charakterlich sehr geiler Typ, sehr wohl erzogen von seinen Eltern. Wie Moe auch. Sehr cool, dass sie zusammenleben und in der NBA in einem Team spielen“, so Schröder: „Aber was Franz spielerisch macht, mit 22 Jahren so professionell zu sein, jeden Tag seine Routine zu haben und so abzuliefern, ist groß für den deutschen Basketball.“


Schröder prognostiziert dem deutschen Basketball daher eine rosige Perspektive: „Wenn er so weiter spielt und das Team natürlich auch, können wir es wirklich weit schaffen, also auch über die Jahre jetzt hinaus.“ Ohne es explizit zu sagen, meint er damit die Zeit nach ihm, wobei Deutschland erst einmal wieder einen in FIBA-Wettbewerben so herausragenden Point Guard finden muss.


Kurz vor seinem Abschied in die in der Nacht beginnende Freizeit mit Familien und Freunden wählte Schröder, der noch mit dem deutschen Basketball-Idol Dirk Nowitzki zusammenspielte, große Worte für seinen Co-Star: „Franz ist sehr, sehr special. Das haben wir so in Deutschland noch nie gesehen.“

© – by kicker.de

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