Von Athleten und Aktivisten: Basketball als Bühne für soziale Gerechtigkeit – NBA – Basketball



Alle zwei Wochen schaut Hip-Hop-Experte Niko Backspin für basketball-world.news auf eine andere Seite des Basketballs: die Kultur. Diesmal wirft der Chief Cultural Officer von Serviceplan Culture einen Blick auf die für ihn ikonischsten NBA-Trikots der letzten Dekaden.


Tip-Off für die NBA-Saison 2024/25 – und damit Vorhang auf für die größte Bühne im internationalen Basketball. Eine Bühne, die in der Vergangenheit bereits eindrucksvoll gezeigt hat, dass sie nicht nur eine Sportliga ist, sondern eine Plattform für soziale Gerechtigkeit. Eine Plattform, Missstände in der Bevölkerung anzusprechen, sich für Gleichberechtigung einzusetzen und entschieden gegen Rassismus zu positionieren.


In unruhigen Zeiten rund um die anstehende US-Wahl sind es gerade die Sportler, die ihre Stimme mit Reichweite erheben, um Veränderung zu fordern. Etwas, was der Basketball-Sport vielen anderen voraus hat? Ich habe mich auf eine kleine Zeitreise begeben und passende Beispiele gefunden.



Der Rucker Park in Harlem ist einer der bekanntesten Courts in New York.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Basketball: Mehr als nur ein Spiel


Basketball hat seine Wurzeln in den urbanen Communities der USA, besonders in den schwarzen Vierteln, die oft von Armut und sozialer Ungerechtigkeit geprägt sind. Die Nähe zur Straße, zur Hip-Hop-Kultur und zu den Kämpfen der Menschen in diesen Communities hat Basketball immer authentisch und greifbar gemacht. Anders als in vielen anderen Sportarten sind NBA-Spieler nicht nur Stars – sie kommen oft aus denselben Verhältnissen wie die Menschen, für die sie sich einsetzen. Sie haben die Kämpfe, über die sie sprechen, selbst erlebt.


Die Verbindung zu Hip-Hop verstärkt diese Authentizität. Hip-Hop war von Anfang an die Stimme der Unterdrückten, der Straße, und Basketball wurde zur körperlichen Ausdrucksform dieser Geschichten. Wenn NBA-Spieler über Ungerechtigkeit sprechen, warum sollten wir ihnen nicht zuhören? Sie kennen die Realitäten, sie haben die Erfahrungen gemacht – und sie haben die Plattform, um gehört zu werden.

Die 90er: Die ersten Vorreiter


Schon in den 90er Jahren sahen wir erste Beispiele, wie NBA-Spieler ihre Stimmen erhoben. Allen Iverson war einer der ersten, der den Hip-Hop-Lifestyle auf den Court brachte und damit bewusst eine Verbindung zur Straße herstellte. Seine Cornrows, Tattoos und Baggy-Pants waren nicht nur modische Statements, sondern auch eine Rebellion gegen die normierten Erwartungen an schwarze Sportler. Iverson stellte klar: „Ich bin einer von euch“, und das machte ihn zu einer Ikone für viele junge schwarze Menschen.


Auch Kareem Abdul-Jabbar, einer der größten Spieler der NBA-Geschichte, nutzte seine Plattform, um für Bürgerrechte zu kämpfen. Er unterstützte öffentlich die Black-Power-Bewegung und engagierte sich stark in der Politik – lange bevor es „in“ war, dass Sportler sich zu sozialen Themen äußern. Aber was hat sich seitdem verändert?



LeBron James schrieb seine Nachricht nach dem Tod von Trayvon Martin auf die Schuhe.
IMAGO/USA TODAY Network

LeBron James: Die Ikone der heutigen Zeit


Niemand verkörpert die Rolle des sozial engagierten Sportlers besser als LeBron James. Er ist nicht nur einer der besten Basketballspieler aller Zeiten, sondern auch eine lautstarke Stimme für soziale Gerechtigkeit. LeBron ist sich seiner Verantwortung bewusst und nutzt jede Gelegenheit, um auf Missstände hinzuweisen.


Ein berühmtes Beispiel dafür war 2012, als Trayvon Martin, ein unbewaffneter schwarzer Teenager, von einem Bürgerwehrmann erschossen wurde. LeBron und seine damaligen Teamkollegen bei den Miami Heat trugen Kapuzenpullover – wie Trayvon Martin – als Zeichen des Protests gegen Rassismus und Polizeigewalt. Diese visuelle Botschaft ging um die Welt und machte klar: Basketballer bleiben nicht länger still, wenn es um Ungerechtigkeit geht.


Ein weiteres starkes Zeichen setzte LeBron mit der Gründung der „I PROMISE School“ in seiner Heimatstadt Akron, Ohio. Diese Schule bietet benachteiligten Kindern nicht nur Bildung, sondern auch eine echte Chance auf eine bessere Zukunft. Wie viele andere Sportstars setzen sich so tiefgehend für ihre Communities ein?

Black Lives Matter und der Boykott der Milwaukee Bucks


2020, nach dem brutalen Mord an George Floyd, ging eine Welle des Protests durch die Welt – und die NBA war ganz vorne mit dabei. Die Liga schrieb „Black Lives Matter“ auf die Courts in der sogenannten „Bubble“ in Orlando, wo die Saison während der COVID-19-Pandemie fortgesetzt wurde. Die Spieler trugen Trikots mit Botschaften wie „Equality“ und „Say Her Name“, um auf Rassismus und Polizeigewalt aufmerksam zu machen.


Doch der vielleicht stärkste Moment kam, als die Milwaukee Bucks beschlossen, ein Playoff-Spiel zu boykottieren. Anlass war der Vorfall in Kenosha, Wisconsin, bei dem der schwarze Mann Jacob Blake von der Polizei siebenmal in den Rücken geschossen wurde. Die Bucks weigerten sich zu spielen, bis sich die Welt auf diese Ungerechtigkeit konzentrierte. Dieser Boykott setzte eine Welle in Bewegung: Andere NBA-Teams schlossen sich an, und auch in anderen Sportarten kam es zu Spielabsagen. Wie oft haben wir gesehen, dass Sportler ihre Karriere riskieren, um für etwas Größeres einzutreten?



Die Milwaukee Bucks boykottierten in der Bubble von Orlando ein Playoff-Spiel.
picture alliance / ZUMAPRESS.com

Warum Basketball?


Was macht Basketball zu dieser besonderen Plattform? Zum einen ist es die große mediale Reichweite der NBA. Die Liga ist global und ihre Stars sind überall bekannt. Wenn ein LeBron James spricht, hören Millionen zu – nicht nur in den USA, sondern weltweit. Zum anderen ist es die Nähe zur Hip-Hop-Kultur und zur Straße, die Basketball so authentisch macht. Die Spieler haben nicht vergessen, wo sie herkommen, und sie sind bereit, ihre Stimme für diejenigen zu erheben, die keine haben.


Außerdem ist die NBA eine Liga, in der die Mehrheit der Spieler schwarz ist. Sie erleben den Rassismus und die Ungerechtigkeit, gegen die sie kämpfen, oft aus erster Hand. Warum sollten sie also schweigen, wenn sie die Möglichkeit haben, Dinge zu verändern? Diese Nähe zu den Problemen, die sie anprangern, verleiht den NBA-Spielern eine besondere Glaubwürdigkeit.

Ikonen der Verantwortung


Die heutigen NBA-Spieler haben eine Verantwortung übernommen, die weit über den Sport hinausgeht. Sie haben erkannt, dass sie Vorbilder sind – nicht nur auf dem Court, sondern auch in der Gesellschaft. Spieler wie Chris Paul, der sich für Strafjustizreformen einsetzt, oder Carmelo Anthony, der für die Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung kämpft, zeigen, dass sie ihre Plattform für das Gute nutzen wollen.


Damian Lillard, auch bekannt als „Dame D.O.L.L.A.“, rappt in seinen Songs über soziale Themen und verbindet so seine beiden Leidenschaften: Hip-Hop und Basketball. Auch das zeigt, wie tief die Verbindung zwischen beiden Welten ist. Basketballer sind nicht nur Sportler – sie sind kulturelle Figuren, die ihre Stimme für Veränderung einsetzen. Aber wird das genug sein, um langfristige Veränderungen zu bewirken?



Kolumnist für basketball-world.news: Niko Backspin
Markus Schwer

Basketball – Eine Bewegung für das Gute


Basketball ist mehr als nur ein Spiel. Es ist eine Kultur, eine Bewegung, ein Sprachrohr für diejenigen, die gehört werden müssen. Die NBA und ihre Spieler – vor allem die schwarzen Athleten – haben sich zu „Ikonen der Verantwortung“ entwickelt, die ihre Plattform nutzen, um auf soziale Missstände aufmerksam zu machen und Veränderungen voranzutreiben.


Von den frühen Tagen von Kareem Abdul-Jabbar über den Einfluss von Allen Iverson bis hin zu LeBron James und dem Boykott der Bucks – Basketball hat sich zu einer der mächtigsten Bühnen für soziale Gerechtigkeit entwickelt. Die Frage ist: Wie weit wird diese Bewegung noch gehen? Klar ist: Solange es Ungerechtigkeit gibt, wird Basketball nicht still bleiben. Da bin ich mir sicher.


Über den Autor
Niko Backspin ist Chief Cultural Officer bei Serviceplan Culture. Der Hamburger Hip-Hop-Journalist ist eine weitbekannte und geschätzte Größe in der internationalen Rap-, Breakdance und Graffiti-Szene. Mit seiner Plattform Backspin ist er auf einer Vielzahl von Kanälen zu Hause – im Podcast, auf YouTube, in TV-Reportagen. Niko ist langjähriger Fan der New York Knicks und engagiert sich sozial für die NGOs Viva con Agua und Basketball AID. Auf Instagram und LinkedIn könnt ihr ihm unter @nikobackspin folgen.

© – by kicker.de

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