Back to the 90s: Wie Streetball und Hip-Hop eine ganze Ära von Ballern prägten – NBA – Basketball



Alle zwei Wochen schaut Niko Backspin für basketball-world.news auf eine andere Seite des Basketballs: die Kultur. Diesmal wirft der Hip-Hop-Journalist einen Blick auf den Streetball, der nicht zuletzt durch die Olympischen Spiele wieder im Kommen ist.


Kürzlich wurde ich gefragt, ob wir gerade die coolsten Olympischen Spiele aller Zeiten erleben. Zunächst: Ja, das Wort „cool“ wird von meinen lieben Kolleginnen und Kollegen aus der Agenturbranche auch immer mal wieder hinterfragt – zurecht. Aber ich glaube, jeder weiß, was ich damit meine. Vielleicht besser: weltweite Sportereignisse sind immer „Cultural Moments“. Sie sind Zeitgeist, beeinflussen Popkultur – oder werden davon beeinflusst.


Bei den Spielen in Frankreich haben für mich vor allem BMX, Skateboarding, Kitesurfen und 3×3 das Potenzial, Olympia auf ein neues Level zu heben. Die Herkulesaufgabe für das IOC: das Programm auffrischen, den Generationenwechsel vor dem multimedialen Endgerät einleiten, die Subkulturen respektieren und gleichzeitig den Olympischen Geist bewahren.



Stolze Sieger: Die 3×3-Frauen des DBB.
picture alliance/dpa


Viele dieser Sportarten sind Teil der weltweiten Hip-Hop-Kultur. Skaten natürlich, aber auch 3×3, das die Basis für den nächsten Streetball-Boom sein könnte. Der Gold-Coup der DBB-Frauen kann dabei helfen, dieses Team hat einfach Laune gemacht und ich hoffe auch deswegen auf einen geschlechtsneutralen Peak für mehr Basketball auf den Straßen.


Denn: da waren wir schon einmal.

Die Anfänge: Ballen auf den Straßen


In den 90er Jahren war Streetball nicht nur ein Spiel, es war so etwas wie pure Magie auf Asphalt. Für die Kids der Straßen war es der ultimative Ausdruck von Kreativität und Freiheit, eng verwoben mit der pulsierenden Hip-Hop-Kultur. Vor allem in den USA.


Streetball war das Spiel der Straße, geboren auf den Plätzen von New York City. Genau wie Rap, Breakdance und DJing. Es gab keine wirklichen Regeln, keine Schiedsrichter, nur puren Basketball. Jeder, der was drauf hatte, zeigte es hier. Die Moves waren unberechenbar, die Spiele intensiv, und jeder Court in jedem Hinterhof war eine Bühne.

AND1 Mixtape Tour: Die Revolution


Ein Wendepunkt in der Geschichte des Streetballs war für mich die AND1-Mixtape-Tour. AND1, eine Basketball-Bekleidungsmarke, begann 1998 damit, Mixtapes zu veröffentlichen, die atemberaubende Highlights von Streetball-Spielen zeigten. Diese Mixtapes verbreiteten sich rasend schnell und brachten den Streetball-Stil direkt in die Wohnzimmer der Jugend. Die Mixtapes wurden auf VHS-Kassetten verteilt und später dank Plattformen wie MySpace, YouTube oder Facebook online verbreitet, was sie zu einem viralen Phänomen machte.



Streetball-Legende aus NYC: Rafer Alston.
IMAGO/USA TODAY Network


Die Mixtapes enthielten Clips von Straßenbasketballern, die unglaubliche Dribblings, Crossovers und Dunks zeigten, begleitet von Hip-Hop-Soundtracks. Die Stars dieser Mixtapes, wie Rafer Alston alias „Skip to my Lou“ und Philip Champion alias „Hot Sauce“, wurden über Nacht zu Legenden. Diese Spieler repräsentierten nicht nur die technische Brillanz des Spiels, sondern auch den unbändigen Geist und die Kreativität, die Streetball so besonders machen. Sie legten den Grundstein für viele Jugendliche, die diese Tricks auch in die Sporthallen deutscher Vereine trugen – sicher zum Leidwesen ambitionierter Jugendtrainer.


Die AND1-Mixtape-Tour selbst wurde zu einem reisenden Zirkus der Basketballkunst. In jeder Stadt, die sie besuchten, fanden Open Runs statt, bei denen lokale Talente die Chance hatten, gegen die AND1-Stars anzutreten und möglicherweise selbst Teil der Tour zu werden. Die Tour brachte Streetball direkt zu den Menschen und förderte eine Gemeinschaft, die weit über den Basketballplatz hinausging.

Ein unzertrennliches Duo


Die 90er waren auch die goldene Zeit des Hip-Hop. Streetball und Hip-Hop waren untrennbar miteinander verbunden. Songs von Nas, Wu-Tang Clan und Tupac begleiteten die Spiele und sorgten für die richtige Atmosphäre. In Deutschland waren es je nach Stadt lokale MCs, die eng mit dem Sport verbunden waren.



Eng mit dem Sport verbunden: Samy Deluxe.
picture alliance / Geisler-Fotopress


Allen voran die Hamburger Schule um Das Bo oder Samy Deluxe – übrigens etwas, was wir bis heute bei den Hamburg Towers in der Bundesliga spüren können. Viele Hip-Hop-Künstler waren selbst auf den Streetball-Plätzen zu finden, und Plätze wie der Rucker Park in Harlem wurden zu legendären Treffpunkten. Hier trafen sich die Besten der Besten und lieferten sich epische Duelle, die ich als Zuschauer bei meinen Besuchen in den USA nie vergessen werde.

Magie auf der Leinwand


Stichwort Mixtapes. Auch Filme haben dazu beigetragen, den Streetball-Hype einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. „Above the Rim“ (1994) ist ein Klassiker, der das raue Leben und die Leidenschaft für Basketball in den Straßen von Harlem zeigt. Der Film, mit Tupac Shakur in einer der Hauptrollen, fängt die Essenz des Streetballs perfekt ein.


„White Men Can’t Jump“ (1992) ist eine weitere ikonische Darstellung von Streetball, in der Woody Harrelson und Wesley Snipes als Streetball-Hustler durch Los Angeles ziehen. Der Film zeigt nicht nur beeindruckende Basketball-Szenen, sondern auch die Dynamik und die sozialen Aspekte des Spiels auf den Straßen – und den Rassenkonflikt zwischen Schwarz und Weiß.

Legenden und Turniere: Die Helden der 90er Jahre


Neben „Skip to my Lou“ und „Hot Sauce“ traten weitere Legenden auf die Bühne des Streetballs. Spieler wie „The Professor“ (Grayson Boucher), „Half Man, Half Amazing“ (Anthony Heyward) und „AO“ (Aaron Owens) wurden durch die AND1-Mixtapes und ihre Auftritte bei Turnieren berühmt. Diese Spieler repräsentierten den Geist des Streetballs: Kreativität, Showmanship und eine gewisse Unberechenbarkeit.


Turniere wie das „EBC Rucker Park Tournament“ und „Nike Battlegrounds“ waren die Highlights des Sommers. Hier trafen sich die Besten der Besten und zeigten, was sie draufhatten. Auch das „Adidas ABCD Camp“ spielte eine wichtige Rolle, da es talentierten High-School-Spielern eine Plattform bot, um sich zu präsentieren und ihren Weg in den Profisport zu finden.

Ein Hype in Deutschland


Auch in Deutschland fand der Streetball-Hype der 90er Jahre Anklang. In Städten wie Berlin, Hamburg und Frankfurt entstanden erste organisierte Streetball-Spots. Turniere wie die „German Streetball Championship“ und das „KICKZ Streetball Battle“ waren der Hammer. Hier konnte man zeigen, was man draufhatte, und die Stimmung auf dem Court und auf den Rängen war einfach unvergleichlich.



Der OBI-Biber und Mithat Demirel.


Ein besonderer Unterstützer der Streetball-Szene in Deutschland war OBI. Ja, der Baumarkt-Gigant mit dem Biber. OBI erkannte das Potenzial und die Begeisterung für Streetball und organisierte in den 90ern mehrere Turniere und Events. Die „OBI Streetball Challenge“ kombiniert mit den Biber Beats waren ein Highlight für viele Fans. Wer erinnert sich noch an die High Fives mit Robert Garrett, Denis Wucherer und dem orangenen Biber? Schade, dass sich die DIY-Experten aus Wermelskirchen heute nicht mehr so für den Basketball einsetzen…

Quai 54 – Pariser Basketball-Höhepunkt des Sommers


Auch Paris war ein Hotspot für Streetball. Die Stadt der Lichter beherbergte einige der legendärsten Turniere Europas. Das „Quai 54“ Streetball-Turnier, auch bekannt als das „World Streetball Championship“, zog Spieler aus aller Welt an. Dieses Turnier, das am berühmten Place de la Concorde stattfindet, ist bekannt für seine elektrisierende Atmosphäre und die hochkarätigen Teilnehmer. Hier zeigen die besten Streetballer ihre Moves vor einem begeisterten Publikum, begleitet von Live-Musik und Hip-Hop-Performances.



Das Quai 54 ist ein bekanntes Streetball-Turnier.
IMAGO/PanoramiC


Regelmäßiger Teilnehmer in Paris und ein Beispiel für den herausragenden Erfolg der Streetball-Kultur in Deutschland ist das deutsche Team „Der Stamm“ aus Aachen. Gegründet 2005 von Dia Soliman, entwickelte sich das Team schnell zu einer festen Größe in der deutschen Streetball-Szene. Der Stamm gewann mehrmals die deutsche Meisterschaft in der Disziplin 3×3-Basketball, die seit 2020 olympisch ist. Durch das Vordringen unter die ersten 20 Plätze in der FIBA-3×3-Mannschaftsrangliste erreichte Der Stamm in den Jahren 2018, 2021 und 2022 den Status eines FIBA-Pro-Circuit-Teams. 2018 lief DBB-Kapitän Dennis Schröder für das Team aus Aachen auf. Weitere Spieler, die bereits das Trikot trugen, sind Kostja Mushidi, Femi Oladipo, Kevin Yebo, Karim Jallow, Edwin Ofori-Attah, Heiko Schaffartzik oder Konstantin Klein. Auch der ehemalige TV-Bachelor Andrej Mangold betrat in Paris bereits Streetball-Boden.

Streetball als Sprungbrett


Viele heutige Basketball-Profis haben ihre Wurzeln also im Streetball. Rafer Alston, alias „Skip to my Lou“, ist eines der bekanntesten Beispiele. Er begann auf den Straßen von New York und schaffte den Sprung in die NBA, wo er eine erfolgreiche Karriere hatte. Andere wie Baron Davis und Kevin Durant haben ebenfalls ihre Skills auf den Asphaltplätzen verfeinert, bevor sie zu Profis wurden.


Baron Davis, der in den NBA-All-Star-Kader gewählt wurde, war bekannt für seine beeindruckenden Dribbling-Fähigkeiten, die er auf den Straßen von Los Angeles perfektionierte. Kevin Durant, heute einer der größten Stars der NBA, spielte in seiner Jugend oft Streetball in Washington D.C. und bringt immer noch Elemente dieser Spielweise in seine professionelle Karriere ein.

Immer noch am Start


Auch wenn die ganz großen Turniere von damals nicht mehr so präsent sind, lebt der Spirit des Streetballs weiter. Heute zeigt man seine Skills auf Social Media und bekommt weltweit Likes und Reposts. Turniere wie „Red Bull King of the Rock“ und das „Nike World Basketball Festival“ halten die Tradition am Leben und fördern neue Talente.



Koluminist für basketball-world.news: Niko Backspin
Markus Schwer


Seit den Olympischen Spielen 2020 in Tokio ist 3×3-Basketball eine offizielle Disziplin. Das ist eine riesige Chance, den alten Hype wieder aufleben zu lassen. Die schnellen Spiele und die Intensität von 3×3 passen perfekt zu dem, was wir auf den Straßen geliebt haben. Diese Anerkennung bringt Streetball auf eine ganz neue Ebene und zeigt der Welt, dass dieser Spielstil nicht nur cool, sondern auch wettbewerbsfähig ist.

Eine Bewegung, die bleibt


Der Streetball-Hype der 90er war mehr als nur ein Trend – es war eine Revolution auf und neben dem Court. Von New York bis nach Deutschland und Paris hat Streetball eine weltweite Community geschaffen, die das Spiel und die Hip-Hop-Kultur feiert. Der Spirit lebt weiter, inspiriert neue Generationen und erinnert uns daran, dass Streetball mehr ist als nur Basketball – es ist ein Lebensgefühl, das uns alle verbindet. Mit 3×3-Basketball als olympische Disziplin und den Erinnerungen an Events wie das „Quai 54“-Turnier in Paris können wir den alten Hype neu entfachen und Streetball zu neuen Höhen führen. Ich habe Bock.


Über den Autor


Niko Backspin ist Chief Cultural Officer bei Serviceplan Culture. Der Hamburger Hip-Hop-Journalist ist eine weitbekannte und geschätzte Größe in der internationalen Rap-, Breakdance und Graffiti-Szene. Mit seiner Plattform Backspin ist er auf einer Vielzahl von Kanälen zu Hause – im Podcast, auf YouTube, in TV-Reportagen. Niko ist langjähriger Fan der New York Knicks und engagiert sich sozial für die NGOs Viva con Agua und Basketball AID. Auf Instagram und LinkedIn könnt ihr ihm unter @nikobackspin folgen.

© – by kicker.de

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