Kommentar: Der Mut zur Lachnummer spricht für Kruse – Fussball



An einer Verpflichtung von Max Kruse scheiden sich automatisch die Geister – natürlich auch aktuell mit Blick auf den SC Paderborn. Ist die Personalie irrwitzig oder taugt sie zum genialen Coup? Ein Kommentar von kicker-Reporter Thiemo Müller.

Kommt in die 2. Liga: Max Kruse.


Kommt in die 2. Liga: Max Kruse.

imago images/kicker


Dass Max Kruse polarisiert, wird sich nicht mehr ändern lassen. Dank seines Auftretens vor allem abseits des Spielfelds hat sich der inzwischen 35-jährige Fußballprofi das Etikett „Reizfigur“ im Laufe seiner Karriere redlich erarbeitet. Folglich halten auch den jüngsten Move des leidenschaftlichen Pokerspielers viele für wahnwitzig. Und die anderen für möglicherweise genial.


An den Fall Stefan Effenberg denken zugleich wohl alle unwillkürlich. Mit dem früheren Bayern-Star als neuem Cheftrainer holte der SC Paderborn im Oktober 2015 zwar reichlich mediale Aufmerksamkeit in die ostwestfälische Provinz, fiel sportlich aber böse auf die Nase: Keine fünf Monate später wurde Effenberg schon wieder entlassen, auf einem Abstiegsplatz in der 2. Liga. Sich von dieser vermeintlich drohenden Parallele nicht beirren zu lassen, spricht indes schon mal eindeutig für die aktuellen Klubverantwortlichen.

Kruse kann ein Team besser machen – zu seinen Bedingungen


Rein inhaltlich lassen sich die Personalien schließlich nicht mal ansatzweise vergleichen. Effenberg hatte als Fußballlehrer vor seiner Installierung nichts vorzuweisen und trat auch danach keinerlei Beweis mehr an, für den Job wirklich geeignet zu sein.


Der Fußballer Kruse dagegen hat bislang auf nahezu jeder Station seine Qualitäten untermauert. Die wohl größte: Als Spielgestalter und offensiver Taktgeber kann der 14-malige A-Nationalspieler seine Nebenleute und eine ganze Mannschaft besser machen. Die Bedingung: Mitspieler und Trainer müssen sich konsequent darauf einlassen. Um seine Stärken auszuspielen, braucht Kruse Freiheiten, auch taktisch. Sprich: Andere, die defensiv für ihn mitarbeiten.

Warum für Paderborn die Chance das Risiko überwiegt


Daraus abzuleiten, Kruse sei kein Teamplayer, griffe zu kurz. Neben dem Platz kein Musterprofi, lieferte er auf dem Rasen, ob im Spiel oder im Training, in aller Regel mit maximalem Einsatz ab. Doch ohne eine von allen akzeptierte Arbeitsteilung in seinem Sinne wird Kruse fast zwangsläufig zum sportlichen Problemfall, wie zuletzt in Wolfsburg. Wie es optimal laufen kann, bewies derweil seine Zeit in Bremen (2016 bis 2019).


In welche Richtung das Pendel an neuer Wirkungsstätte ausschlägt, wird ganz Fußball-Deutschland gespannt beobachten. Als neutraler Beobachter lässt sich Paderborns Entscheidung schon allein deshalb gut finden.


Doch auch sportlich darf man die Chance durchaus höher bewerten als das Risiko: Wer in der kommenden Zweitligasaison in die Phalanx der Top-Favoriten Schalke, HSV und Hertha einbrechen will, der muss sich vielleicht etwas vermeintlich Verrücktes trauen. Im Gegensatz zu einem Konkurrenten wie Hannover, dessen Trainer Stefan Leitl sich öffentlich gegen eine Kruse-Verpflichtung aussprach.

Man sollte Kruse als Fußballer messen, nicht an Social-Media-Posts


Kruses Fitness nach über sechsmonatigem Privattraining ohne Klub wird man in Paderborn so weit wie möglich überprüft haben. Für Kruses Motivation spricht zur Genüge, dass er sich überhaupt auf einen Wechsel einlässt, der nicht wie einst in Wolfsburg das große Geld bringt und ihn sportlich schlimmstenfalls zur Lachnummer machen könnte.


Sinnvoll aus Sicht seines Arbeitgebers und dessen Umfeld wäre zudem, Kruse strikt an seinem Effekt als Fußballer zu messen und nicht an etwaigen Social-Media-Aktivitäten. Wie gut der neue Star dann tatsächlich zum SC Paderborn passt, atmosphärisch und sportlich, kann nur die Zukunft zeigen. Feststeht unterdessen: Beide Seiten haben das maßgeblich selbst in der Hand.

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