NBA – Das Ende der „213“-Ära der Clippers: War es das wert? – NBA – Basketball


Bei manchen Geschichten ist es nicht nötig, für den Einstieg nach einem passenden Symbolbild zu suchen – manchmal wird dieses von der Realität mitgeliefert. Wie zum Beispiel: Als die Clippers vor fünf Jahren ihre Transaktionen für Kawhi Leonard und Paul George simultan einfädelten, weilte nahezu die gesamte NBA aufgrund der Summer League in Las Vegas – als sich dort ein Erdbeben ereignete (7,1 auf der Richterskala). „Ich sage gerne, dass ich ein bisschen was mit diesem Erdbeben zu tun hatte“, witzelte George später.

Das war so wissenschaftlich nicht korrekt, aber trotzdem passend – die Nachricht erschütterte die NBA-Welt tatsächlich. Die Franchise hatte sich endgültig von der schändlichen Donald Sterling-Ära emanzipiert, auf einen Schlag zwei Superstars geholt, den amtierenden Finals-MVP und den Dritten im MVP-Rennen der Regular Season. Dieses Duo sollte die Clippers zu dem Contender machen, der sie in der vorigen Lob-City-Ära stets nur im Ansatz und vorher nie gewesen waren.

Fünf Jahre zogen seither ins Land – und auch das Ende brachte wieder seinen eigenen Symbolwert mit. Die Clippers warteten Anfang Juli nicht auf die Shams Charanias dieser Welt, sondern veröffentlichten selbst ein Statement, in dem sie den Abschied Georges „zu einem anderen Team“ verkündeten. Man sei finanziell „weit auseinander“ geblieben, bis zum Ende der Verhandlungen.

Das sonstige Highlight der Mitteilung: „Wir haben viel getradet, um Paul und Kawhi miteinander zu vereinen.“ Das haben sie tatsächlich – Shai Gilgeous-Alexander allein steht heutzutage im Ansehen klar vor beiden Forwards, ganz zu schweigen von den Picks, die sie nach OKC schickten -, auch wenn damals wohl jedes Team in ihrer Position so gehandelt hätte.

Nach PGs Abschied drängt sich nun die Frage auf: War es das wert?

George und Kawhi: Das Ziel verfehlt

Nüchtern betrachtet haben die beiden Stars ihr erklärtes Ziel klar verfehlt. Die Clippers warten weiter auf ihren ersten Titel, auch ihre erste Finals-Teilnahme der Franchise-Geschichte. Runde drei wurde 2021 immerhin zum ersten Mal überhaupt erreicht – aber auch dieses Highlight kam mit einem faden Beigeschmack, beziehungsweise einer frustrierenden „Was wäre, wenn“-Frage.

Tja: Was wäre, wenn Kawhi sich 2021 nicht verletzt hätte und in den Conference Finals gegen die Suns noch dabei gewesen wäre? Hätten die Clippers nicht das bessere Team gehabt, vielleicht auch in einer potenziellen Finals-Serie gegen die Bucks? War Kawhi damals, wenn fit (wie in Runde eins gegen Dallas), nicht vermutlich der beste Playoff-Spieler der Welt?

Unklar – und letztlich unerheblich. Das Problem begleitete die gesamte Zeit, die Kawhi und PG miteinander hatten. Leonard verpasste die gesamte 21/22er Spielzeit, seither hat er überhaupt nur vier Playoff-Spiele bestritten. George verpasste unter anderem die Playoffs 2023 und ebenfalls jede Menge Regular-Season-Spiele.

Dominanz im Ansatz

Frustrierend waren diese ständigen Ausfälle vor allem deshalb, weil die Ansätze immer wieder so beeindruckend waren. Das zog sich bis ins letzte gemeinsame Jahr – von ca. Dezember bis All-Star Break 2024 spielte quasi niemand besseren Basketball als die Clippers. Wie immer dominierten die zwei Stars in ihren gemeinsamen Minuten:

Selbst wenn die beiden kein perfektes Duo bildeten – es gab, wenn sie tatsächlich mal spielten, ligaweit über Jahre quasi kaum eine bessere Zwei-Mann-Kombination.

Die Saison endete dennoch wie die vorige – mit einem Aus in Runde eins, mit Ausnahme von anderthalb Spielen ohne Leonard, der sich zum Ende seiner gesündesten Saison seit Jahren hin doch wieder verletzt hatte und gegen Dallas ein Schatten seiner Selbst war.

Anders als in vorigen Jahren sahen die Clippers den Erhalt ihrer Ära danach nicht mehr als alternativlos an – und zogen eben die Reißleine, indem sie Free Agent George (George zufolge) nur Angebote weit unter dessen Marktwert unterbreiteten. Hoffnung, mit diesem Kern tatsächlich mal Meister zu werden, hatten sie nun offensichtlich nicht mehr.

Clippers-Forward Kawhi Leonard führte seine Mannschaft 2021 zum Playoff-Erfolg gegen die Dallas Mavericks über sieben Spiele.
Clippers-Forward Kawhi Leonard führte seine Mannschaft 2021 zum Playoff-Erfolg gegen die Dallas Mavericks über sieben Spiele. IMAGO/USA TODAY Network

Ein Fenster geöffnet

Das war wohl auch die richtige Einschätzung. Und doch ist den Clippers nicht wirklich ein Strick daraus zu drehen, dass sie damals auf dieses Duo setzten – trotz der da schon recht üppigen Krankenakte insbesondere Leonards. Es war immer damit zu rechnen gewesen, dass das Ende aufgrund des investierten Draftkapitals hässlich werden könnte, aber der Trade öffnete ihnen ein Fenster, das sonst eben geschlossen geblieben wäre.

Für zwei Jahre wirkte es, als könnten sie vielleicht tatsächlich durchbrechen – als sie in der Bubble in Runde zwei mit 3-1 gegen Denver führten, beispielsweise. Oder eben während Kawhis Monster-Leistungen gegen Dallas 2021. Es reichte dann nicht, aber in beiden dieser Jahre – und auch 2024 – hatten die Clippers eine legitime Chance.

Für diese traditionell peinliche Franchise ist das ein Meilenstein, selbst wenn dieser sich nicht durch den ultimativen Erfolg vergolden ließ. „Auch wenn wir das ultimative Ziel verfehlt haben, sind wir dankbar für die Chancen, die wir mit Paul hatten“, hieß es in dem Abschiedsstatement. Das ist wohl nicht bloß eine Phrase.

Die Fehler häuften sich

Man kann den Clippers nicht wirklich vorwerfen, auf die falschen Zugpferde gesetzt zu haben – wie gesagt, wenn PG und Kawhi spielten, taten sie das zumeist sehr gut. Rückblickend fällt eher auf, dass das eigentlich sehr renommierte Front Office bei den Teambuilding-Entscheidungen um die beiden Stars herum längst nicht nur Treffer gelandet hat.

Ihre Draft-Bilanz über die letzten Jahre war mit Ausnahme von Terance Mann schlecht (auch bei ihren späten Picks gab es stets bessere Optionen), zudem häuften sich auch Fehleinschätzungen wie 2022, als die Taxpayer Midlevel Exception an John Wall ging statt an Isaiah Hartenstein, der im Vorjahr seinen Durchbruch gefeiert hatte.

Einst für ihre Tiefe gefeiert, standen Ty Lue in den Playoffs 2024 nach Leonards Ausfall nur noch fünf Spieler zur Verfügung, denen er zu vertrauen schien: George, Mann, Norm Powell, Ivica Zubac und James Harden. Im Lauf der letzten Jahre veränderten die Clippers immer wieder den Kader und probierten viel, die richtige Mixtur fanden sie aber nicht, jedenfalls nie lange genug.

Ein Teilziel erreicht

Vielleicht hätte es letzten Endes ohnehin nichts verändert – Kawhi war (und ist noch immer) das zentrale Stück der Teamkonstruktion, und Kawhi ist leider eins der größten wandelnden What-Ifs unter allen Superstars der NBA-Geschichte. Vielleicht hatten die Clippers einfach Pech, ihn in dem Moment zu bekommen, als er seinen letzten tiefen Playoff-Run gerade hinter sich hatte.

Hätten sie das vorher gewusst, hätten sie wohl nicht dieses Investment getätigt, um ihn und George zu bekommen – aber sie konnten es eben nicht wissen. Die Ära ist letztlich gescheitert, komplett wirkungslos war sie aber auch nicht. Sie hat dazu beigetragen, eine neue Identität zu generieren, die nach Risiken, nach großen Deals, nach echten Ambitionen aussieht, und eben nicht nach Donald Sterling­.

Das ist mehr ein Clippers-Thema als eins für die gesamte Liga – die NBA wurde von diesem Tandem nicht nachhaltig erschüttert. In Erinnerung bleiben wird am Ende jedoch vor allem dieser Tag in Las Vegas, an dem es genau danach aussah.

© – by kicker.de

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