NBA | Für die Ewigkeit: Als Wilt Chamberlain 100 Punkte erzielte – NBA – Basketball



Er ist nur noch Siebter der ewigen Bestenliste: Aber Wilt Chamberlain (1936-1999) hält weiterhin den unglaublichsten Rekord der NBA-Historie.

Unvergessener Basketball-Abend in Hershey, Pennsylvania: Wilt Chamberlain am 2. März 1962 mit der "100".


Unvergessener Basketball-Abend in Hershey, Pennsylvania: Wilt Chamberlain am 2. März 1962 mit der „100“.

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Allzu viel stand nicht auf dem Spiel, als sich die Philadelphia Warriors an jenem verregneten Freitagnachmittag Anfang März 1962 im Bus auf den Weg in die Provinz machten. Die Spieler fuhren wohl eher unlustig die 85 Meilen westwärts in die Kleinstadt Hershey, um eines der letzten Hauptrundenspiele gegen die New York Knicks zu absolvieren. Die NBA war in ihrer Frühzeit noch keineswegs als große Liga etabliert. Um neue Fans zu akquirieren, sollten die Teams, so der Wunsch der Führungsetage, sich auch im Umland zeigen.


Der „Go to guy“ der Warriors, ihr wichtigster Spieler also, hieß in diesen Jahren Wilt Chamberlain. Vom 2,16-Meter-Mann, einem notorischen Frauenhelden, ist eine eher suboptimale Vorbereitung auf dieses Spiel überliefert. Party in New York City bis in den frühen Morgen, Zug nach Philadelphia, ausgiebiges Mittagessen mit Freunden – und dann diesen Bus beinahe verpasst!

Nur wenige Berichterstatter und Fans sind Augenzeugen


Auch Medien und Fans scheuen den Weg in die Provinz. So ist kein TV-Sender vor Ort, der das Spiel übertragen will. Die New Yorker Sportjournalisten weilen mit den Yankees und den Mets beim Baseball-Frühlingstraining in Florida. Lediglich wenige Berichterstatter von Hörfunk und Zeitungen sind aus Philadelphia gekommen. Auch die Ränge in Hershey sind mit gut 4000 Zuschauern nur etwa zur Hälfte besetzt. Etliche davon sollen sich aufgemacht haben, um vor allem beim Vorgeplänkel in der Halle die Football-Profis der Philadelphia Eagles und der Baltimore Colts bei einer nicht ernst gemeinten Korbjagd zu beklatschen.


100 klingt besser als 102.


Chamberlain erklärt, warum er dann doch aufhörte mit dem Werfen


Die Anwesenden indes sollen ihr Kommen nicht bereuen. Obwohl keine Chamberlain-Show geplant ist, kristallisiert sich frühzeitig heraus, dass der nach starken Zahlen gierende Topscorer der Warriors an diesem 2. März auf besonderen Pfaden wandelt. Denn spätestens im dritten Viertel gerät sein alter Bestwert von 78 Punkten ins Visier. So setzen die Knicks auf absichtliche Fouls, um den vermeintlich freiwurfschwachen Hünen zu stoppen. Was nicht fruchtet. Stattdessen verwandelt Chamberlain in der NBA-Historie seither nicht mehr übertroffene 28 Versuche von der Linie – bei lediglich vier Fehlwürfen! Auch „Philly“ foult absichtlich, um nur möglichst schnell wieder seinen Hauptdarsteller in Szene setzen zu können.

Die Fans sind gnadenlos – „Dabei war ich doch müde“


Als die 80 geknackt ist, fordern die Fans logischerweise die 100. Sonst hätte es Chamberlain vielleicht doch gut sein lassen mit seinen Hakenwürfen, Korblegern und ab und zu auch einem Dunking. „Sie waren gnadenlos, dabei war ich doch müde“, erinnert er sich später. Also geht es weiter. Keinen Moment des Spiels verpasst Chamberlain, was gar nicht einmal ungewöhnlich ist für diesen Dauerbrenner. 46 Sekunden vor Schluss fällt der Ball nach zuvor mehreren Fehlversuchen dann endlich für den dreistelligen Wert durch den Ring. Radioreportagen ist zu entnehmen, dass daraufhin wohl über 200 Besucher den Court stürmen, um den Moment dieses Triumphs minutenlang zu feiern. Den noch zu absolvierenden Rest des Spiels verharrt Chamberlain anschließend genießend wie erschöpft im Mittelkreis. Noch einmal will er den Ball nicht verwandeln, weil ihm klar ist: „100 klingt besser als 102.“ Am Ende hieß es 169:147 für die Warriors.

Chamberlains Familienmitglieder mit dem Management der Philadelphia 76ers vor der Statue der NBA-Legende in Camden anno 2017


Chamberlains Familie mit dem Management der Sixers vor der Statue der NBA-Legende in Camden anno 2017.
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Der seit diesem unvergessenen, ja fast schon bizarren Spiel in der NBA niemals auch nur annährend mehr erreichte Score (Kobe Bryant kam in seinem besten Spiel auf 81) passt zur Dominanz Chamberlains in dieser Zeit. Der 1999 im Alter von 63 Jahren einem Herzinfarkt erlegene Center sammelte Punkte und Rebounds fast nach Belieben. Einzig die Teamstärke der Boston Celtics verhinderte in den 60er und 70er Jahren, dass er mehr als zwei Titel holte.

Auch Rebounds waren seine Spezialität


Noch heute ist in den zahllosen Rekord-Rubriken der NBA-Geschichte vielerorts der Name Chamberlain genannt. So führt er beispielsweise weiterhin die Allzeit-Bestenliste bei den Rebounds an (23.924), hält mit 55 gefangenen Abprallern auch den Rekord für ein einzelnes Spiel. 32-mal knackte er die 60-Punkte-Hürde in einer Partie. Nur Chamberlain und Michael Jordan schafften über den gesamten Zeitraum ihrer Karriere einen Saisonschnitt jenseits der 30er-Marke (beide 30,1). Man könnte die Aufzählung noch eine ganze Weile fortführen, mit den durchschnittlichen Einsatzzeiten des Nimmermüden zum Beispiel.


Auch seine Punktejagd führte Chamberlain auf Rang 1 der ewigen Liste. Jedoch: Nach seinem Karriereende zogen mittlerweile sechs Spieler an ihm vorbei . Dirk Nowitzki & Co. half dabei die im Jahr 1979 eingeführte Dreierlinie, auch die 1982 erfolgreichen Versuche „from downtown“ ließen den Würzburger bis auf Rang 6 klettern.


Kareem Abdul-Jabbar, lange Zeit der Primus dieser Bestenliste, musste mühsam mit Zweiern auskommen. Er, der zwischen 1969 und 1989 für die Milwaukee Bucks und die Los Angeles Lakers aktiv war, holte seine 38.387 Zähler bei kurioserweise genau einem einzigen verwandelten Dreier. Aus der Distanz war der Riese ein Zwerg. Es waren die nicht zu verteidigenden Hakenwürfe, die den sechsmaligen Champion nach ganz oben hievten. Weder Utahs „Mailman“ Karl Malone noch die im Januar 2020 tödlich verunglückte Lakers-Ikone Kobe Bryant und auch nicht „Air“ Jordan erreichten Abdul-Jabbars Marke.


Bis LeBron James kam. „Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich ihn (den Rekord, d. Red.) nicht sehe“, hatte der „King“ schon vor Erreichen des Bestmarke gestanden, die im Februar 2023 schließlich fiel.

LeBron schon Vierter bei den Assists


Dass sein Spiel sich in letzter Zeit veränderte und James häufiger quasi als Spielmacher agiert, ließ seinen Punkteschnitt etwas sinken. Dafür stehen schon 10.717 Vorlagen auf seinem Konto. Bei den Assists ist „LBJ“ damit bereits Vierter und gehört einer Liga an mit genialen Zuspielern wie Jason Kidd, Nowitzki-Kumpel Steve Nash oder Magic Johnson. Unerreicht für vielleicht alle Zeiten: John Stockton. Malones kongenialer Partner im Jazz-Trikot beherrschte das überraschende Passspiel – Bodenpass, No-look-Variante, aus dem Lauf, aus dem Stand – fast wie im Schlaf. Mit 15.806 Vorlagen weist er einen XL-Abstand zu allen anderen auf. Sein Können beim Bedienen der Mitspieler führte sicherlich auch dazu, dass Stockton wusste, wohin seine Gegner passen wollten. Was wiederum zu 3265 Steals führte, ebenfalls unerreicht. Den Meistertitel jedoch gewann Stockton in 19 Jahren NBA nie.


Dieser Text erschien in einer ersten Fassung am 7. Dezember 2020 im kicker.

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