Nach einem entspannten Sommer mit seinen Pferden startet für Nikola Jokic nun die Mission Titelverteidigung in der NBA – die Denver Nuggets müssen aber einige Abgänge verkraften. In Minnesota steht eine Make-or-Break-Saison an, Portland öffnet ein neues Kapitel nach der Lillard-Ära. Die Northwest Division im Check.
Die ganze Liga jagt den Champion Denver Nuggets um Superstar Nikola Jokic (M.) – auch Thunder-Guard Shai Gilgeous-Alexander (li.) und Wolves-Big Karl-Anthony Towns.
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Vor dem Start der neuen NBA-Saison in der Nacht vom 24. auf den 25. Oktober wirft der kicker einen Blick auf die sechs Divisions. Wer sind die Favoriten? Wer muss den Blick Richtung Tabellenkeller richten? Los geht es mit dem Titelverteidiger und einem der aufregendsten Teams der Liga.
DIE FAVORITEN
Denver Nuggets (Vorsaison: 53 Siege – 29 Niederlagen)
Es war eine berechtigte Frage, ob Nikola Jokic im Sommer überhaupt mal einen Basketball in der Hand hatte. Eigentlich konzentrierte sich der Serbe auf seine Leidenschaft als Trabrennpferd-Besitzer, sagte seiner Nation sogar für die Weltmeisterschaft ab und konnte den Sommer trotzdem nicht vollends genießen. Er musste schließlich etwa zwei Monate länger arbeiten als in den Vorjahren, so lange dauerte der Play-off-Run der Denver Nuggets, um die Championship zu gewinnen.
Nach einem Sommer mit seinen Pferden heißt es für Jokic nun wieder Zaubern auf dem NBA-Parkett. „Ein paar Mal, aber nicht oft“ lautete schließlich die Antwort des Jokers auf die eingangs erwähnte Frage nach den Berührungspunkten mit dem orangefarbenen Leder in diesem Sommer, Jokic geht trotzdem als der aktuell wohl beste Spieler der Welt in die neue Saison. Das klare Ziel der Nuggets ist natürlich die Titelverteidigung.
NBA-Saisonauftakt 2023/24
Der Kern um Jokic, Jamal Murray, Aaron Gordon und Michael Porter Jr. steht weiterhin, dafür könnte der Verlust des vielseitigen Forwards Bruce Brown in der Free Agency Richtung Indiana schmerzen. Auf der Bank ist Denver auch nach dem Abgang von Veteran Jeff Green (Houston Rockets) dadurch dünn besetzt, auf Zweitjahres-Profi Christian Braun kommt mehr Verantwortung zu. Dank Jokic und der eingespielten Starting Five gehört Denver aber weiterhin zu den Favoriten im Rennen um die Larry-O’Brien-Trophy. Den Joker vom Thron zu stoßen wird kein leichtes Unterfangen für die Konkurrenz.
DIE PLAY-OFF-KANDIDATEN
Minnesota Timberwolves (Vorsaison: 42-40)
Im Juni ließ sich Karl-Anthony Towns in einem Podcast zu einer gewagten These hinreißen: Der Play-off-Run der Timberwolves – der in der ersten Runde nach fünf Spielen gegen Denver endete – sei „besonderer“ gewesen als das, was die Nuggets – immerhin NBA-Champion – erreicht hätten. Seine Begründung fußte auf der Tatsache, dass der Wolves-Kader kurz vor der vergangenen Saison durch den Trade für Rudy Gobert neu zusammengewürfelt wurde, aufgrund einer Verletzung von KAT hatte das Team zudem wenig Zeit, sich in der Regular Season einzuspielen. Dennoch hatte er diese Meinung ziemlich exklusiv.
Stattdessen regnete es nach diesen Aussagen Hohn und Spott für Towns, der mit seinen Timberwolves in acht Jahren NBA schließlich noch nie über die erste Play-off-Runde hinausgekommen ist. Große Reden schwingen sie trotzdem im hohen Norden der USA, nun müssen auch Taten folgen. Für Minnesota steht so etwas wie eine Make-or-Break-Saison an. Das Front Office hat eine Menge Geld und zukünftige Draft-Picks in das Trio Towns, Gobert und Anthony Edwards investiert, das muss nun Ergebnisse liefern – sonst könnte sich vor allem Towns sehr schnell auf dem Trade-Block wiederfinden.
Ob die jeweils dreimaligen All-Stars Towns und Gobert im Frontcourt erfolgreich koexistieren können, ist derweil immer noch nicht lückenlos geklärt. Dafür sollte Edwards nach der WM-Erfahrung als Go-to-Guy der USA den nächsten Schritt zum Anführer des Teams machen, zudem hat er nun die komplette Saison den zur vergangenen Trade Deadline geholten, erfahrenen, aber bereits 36 Jahre alten Point Guard Mike Conley an seiner Seite. In der Offseason passierte ansonsten nicht viel, es bleibt jede Menge Talent vor allem an der Spitze – das jede Menge zu beweisen hat. In der Theorie ist ein Platz in der Top 6 im Westen drin.
Oklahoma City Thunder (Vorsaison: 40-42)
Ein Kandidat für das Prädikat Überraschungs-Team der Saison. Die Thunder machten bereits in der Vorsaison einen wichtigen Entwicklungsschritt und erreichten das Play-in-Turnier. Sie sind gespickt mit jungem Talent, bekommen Verstärkung von einem ungewöhnlichen „Neuzugang“ und haben einen absoluten Superstar an der Spitze.
Dessen Name: Shai Gilgeous-Alexander. Der 25-Jährige hat sich mit einer spektakulären Vorsaison (31,4 Punkte, 5,5 Assists sowie 4,8 Rebounds pro Spiel) und als Fünfter im MVP-Voting Zutritt zum exklusiven Klub der Basketball-Superstars verschafft und wird diesen so schnell wohl auch nicht mehr verlassen. In Josh Giddey (21 Jahre alt) steckt ebenfalls ein zukünftiger All-Star, Jalen Williams (22) mauserte sich 2022/23 zu einem der besten Rookies seiner Klasse.
Die Zukunft und Gegenwart der Oklahoma City Thunder: Jalen Williams, Chet Holmgren, Shai Gilgeous-Alexander und Josh Giddey (von links).
NBAE via Getty Images
Die beiden Flügelspieler bringen zusätzlich zu SGA jede Menge Playmaking, eine Lücke im Thunder-Kader gab es zuletzt auf den großen Positionen. Die will Chet Holmgren stopfen. Den ebenfalls 21-Jährigen wählten die Thunder im Draft 2022 an Position zwei aus, doch aufgrund einer Fußverletzung verpasste er die komplette vergangene Saison. Nun ist er, noch vor dem ehemaligen Euroleague-MVP Vasilije Micic, der wichtigste „Neue“ im Team.
Holmgren kann als Shotblocker die Defense auf ein neues Level heben und gleichzeitig der Offensive als Floor-Spacer und Lob-Gefahr eine neue Dimension geben. Neben Spurs-Big Victor Wembanyama und Blazers-Rookie Scoot Henderson ist er der heißeste Kandidat auf den Award des Rookie of the Year und eine weitere Attraktion in einem der aufregendsten Teams der Liga. Aber auch in einem der jüngsten mit einem Durchschnittsalter von 24,1 Jahren. OKC kann trotzdem für Furore sorgen – und womöglich öffnet General Manager Sam Presti noch die prall gefüllte Pick-Schatulle, um auf dem Trade-Markt einen weiteren Star zu holen und schon diese Saison anzugreifen.
DIE AUSSENSEITER
Utah Jazz (Vorsaison: 37-45)
Jahr zwei des Rebuilds nach den Trades der ehemaligen Franchise-Eckpfeiler Donovan Mitchell und Gobert im Sommer 2022 wird vermutlich wieder keinen Play-off-Basketball für die Fans am Salzsee bringen – das ist aber auch in Ordnung. Vergangene Saison machte das Team von Head Coach Will Hardy überraschend positiv auf sich aufmerksam, diese Entwicklung gilt es nun fortzusetzen.
Anführer ist und bleibt Lauri Markkanen, der Finne schaffte es in der Vorsaison erstmals ins All-Star-Team. An seiner Seite hat er im Frontcourt Rookie-Überraschung Walker Kessler, schon jetzt einer der besten Ringbeschützer der Liga, und seit diesem Sommer John Collins. Der 26-Jährige kam in einem Trade von den Atlanta Hawks, Utah musste nicht viel abgeben.
Collins muss noch in das Team integriert werden, genau wie die drei Erstrundenpicks Keyonte George, Taylor Hendricks und Brice Sensabaugh. Was fehlt, ist ein echter Spielmacher – und die Konkurrenz in der stark umkämpften Western Conference ist enorm.
Portland Trail Blazers (Vorsaison: 33-49)
In der Stadt der Rosen blieb im Sommer kaum ein Stein auf dem anderen. Die wichtigste Transaktion kam allerdings erst gut einen Monat vor Saisonstart, als nach wochenlangen Trade-Gerüchten die Ära Damian Lillard in Portland tatsächlich endete. Nach elf Jahren und zahlreichen Play-off-Heldentaten als Trail Blazer geht der 33-Jährige künftig für die Milwaukee Bucks auf Korbjagd – und Portland konzentriert sich auf einen kompletten Neuaufbau.
Neben Lillard hat auch der langjährige Starting Center Jusuf Nurkic (29, Phoenix Suns) das Team verlassen, dafür sollen Nr.-3-Pick Henderson, ein 19 Jahre alter, explosiver Guard mit Star-Potenzial, und Center Deandre Ayton (25) die Blazers in eine bald wieder rosige Zukunft führen. Gemeinsam mit Anfernee Simons (24, Guard) und Shaedon Sharpe (20, Flügelspieler) befinden sich so einige interessante Spieler im Kader, die aber noch Zeit für ihre Entwicklung benötigen.
Die werden sie auch bekommen, die Anzahl an Siegen steht in der kommenden Saison für die Trail Blazers nicht im Vordergrund. Die erfahreneren Malcolm Brogdon oder Robert Williams III sollten sich nicht zu sehr an Portland gewöhnen, sie gehören zu Trade-Kandidaten und könnten im Laufe der Saison noch Play-off-Anwärter verstärken.