Neue Big Three und alte Stars: Favoriten-Gerangel im Westen – NBA – Basketball



Gut und gerne drei bis vier Titelanwärter tummeln sich in der Pacific Division – doch überall bleiben mal mehr, mal weniger große Fragezeichen. Werden die Suns, Lakers, Warriors oder Clippers tatsächlich Denver vom Thron stoßen können?

Auch im teils relativ hohen Alter noch absolute Top-Stars der NBA: Kevin Durant (Suns), LeBron James (Lakers) und Stephen Curry (Warriors, v.l.).


Auch im teils relativ hohen Alter noch absolute Top-Stars der NBA: Kevin Durant (Suns), LeBron James (Lakers) und Stephen Curry (Warriors, v.l.).

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DIE FAVORITEN

Phoenix Suns (Vorjahr: 45-37)


Mit Ausnahme von Devin Booker hat das aktuelle Suns-Team relativ wenig mit dem zu tun, das 2021 noch denkbar knapp in den NBA Finals an den Bucks scheiterte. Seither wurde auf mehreren Ebenen der Resetknopf gedrückt: neuer Teambesitzer (Mat Ishbia), neue Co-Stars für Booker (Kevin Durant und Bradley Beal) und neuer Head Coach (Frank Vogel).


Und damit auch eine neue Chance auf den ersten Titel der Franchise-Geschichte? Die Suns gehören zweifelsohne zu der obersten Riege an Top-Favoriten, zu denen ansonsten nur die Bucks und Celtics aus dem Osten sowie Titelverteidiger Denver aus dem Westen zu zählen sind. Nach dem Trade für KD im Februar wurde im Sommer nun auch Beal geholt, zusätzlich kam Jusuf Nurkic per Trade. Unter anderem Chris Paul und Deandre Ayton müssen ihre Karriere anderswo fortsetzen.


Die im Sommer getätigten Deals sind ein klarer All-In-Move der Suns, die kurzfristig den Titel anvisieren und dafür die langfristige Zukunft erstmal ignorieren. Die Big Three sucht ihresgleichen, gegnerische Defenses werden nicht nur wegen des Wüstenklimas in Phoenix ordentlich schwitzen. Ansonsten musste der Kader aber weitestgehend mit Minimalverträgen aufgefüllt werden, die Tiefe ist also ein Schwachpunkt – und bei der Verletzungshistorie von Durant und Beal ein Risiko.


Dieses Auffüllen des Kaders ist solide gelungen mit massig Shooting. Anfällig könnten die Suns aber in der Verteidigung werden, trotz Defensiv-Taktiker Vogel. In dieser Hinsicht ist der Backcourt nicht ideal aufgestellt, KD muss auf dem Flügel viel Last schultern. All das ist aber Kritik auf hohem Niveau.

Los Angeles Lakers (Vorjahr: 43-39)


Gevatter Zeit klopft und klopft an die Tür der Villa James – doch LeBron weigert sich beharrlich, jemanden hineinzulassen. 38 Jahre und 20 NBA-Saisons hat der King mittlerweile auf dem Buckel, er ist 2023/24 der älteste Spieler der Liga und immer noch einer der besten, wenn auch nicht mehr über die vollen 82 Spiele. Vergangene Saison legte er in 55 Einsätzen 28,9 Punkte, 8,3 Rebounds und 6,8 Assists im Schnitt auf.


Für LeBron geht es um Championship Nummer fünf und die Lakers haben sich im Sommer alle Mühe gegeben, ihm ein dafür angemessenes Team zusammenzustellen. Anthony Davis ist als Co-Star natürlich weiterhin da und soll hinten den Laden zusammenhalten und vorne die Verantwortung einer klaren Nummer eins übernehmen (und vor allem fit bleiben).


Three-and-D-Guard Gabe Vincent verstärkt aus Miami den Backcourt, Taurean Prince aus Minnesota den Flügel und die wichtigen eigenen Free Agents wie Rui Hachimura oder Austin Reaves konnten gehalten werden. Dennis Schröder ist der einzige bedeutende Abgang. Die einzelnen Puzzleteile passen nun viel besser ineinander als es noch in der Vorsaison mit dem geschassten Russell Westbrook der Fall war. Damit sollten mehr Siege als in der vergangenen Regular Season und ein sicheres Play-off-Ticket machbar sein – ob es auch für den Angriff auf den Titel reicht, hängt entscheidend von der Fitness des Star-Duos ab.

LeBron James, Anthony Davis, Los Angeles Lakers


Eins der besten Duos der NBA – trotz des fortgeschrittenen Alters: LeBron James (li.) und Anthony Davis.
IMAGO/ZUMA Wire

Golden State Warriors (Vorjahr: 44-38)


Die vor wenigen Jahren noch hochgejubelte Brücke zwischen der alten Ära um Stephen Curry und der neuen um vielversprechende Youngster wie James Wiseman und Jordan Poole wurde im Sommer in der Bay Area endgültig niedergerissen. Das Wiseman-Experiment wurde bereits vergangene Saison beendet, im Sommer musste auch Poole San Francisco verlassen.


Poole geht künftig in Washington auf Korbjagd, dafür schloss sich Chris Paul den Dubs an. Das hat mehrere Vorteile, einerseits finanzieller Natur (Pauls Vertrag ist nach 2024 nicht garantiert, Poole verdient noch vier Jahre kräftig Kohle), andererseits sportlicher. Pooles Leistungen in den Play-offs waren überschaubar, der Point God dagegen gibt der Warriors-Offense mehr Struktur in den Minuten ohne Curry. Und das Problem der angekratzten Teamchemie zwischen Poole und Draymond Green nach einer Schlägerei im Training vergangenen Herbst wurde so auch angegangen.


Die Zeit der Experimente à la Jugend forscht sind in San Francisco damit endgültig vorbei. Der Kern um Curry (35 Jahre), Klay Thompson (33) und Draymond Green (33, im Sommer mit neuem Vertrag ausgestattet) wird immer älter, das Titelfenster immer kleiner. Entsprechend liegt der Fokus auf der Gegenwart, was den Leistungsdruck auf Youngster Jonathan Kuminga erhöht. Er muss abliefern, wenn er Teil der Warriors bleiben möchte.


Viel wichtiger ist aber ein fitter Curry in der MVP-Form der Vorsaisons, eine verbesserte Defense (das Potenzial ist trotz Rebound-Sorgen dafür vorhanden) und – wie so häufig in der langen NBA-Saison – eine verletzungsfreie Spielzeit des Kerns. Im Best-Case-Szenario werden die Warriors im Juni 2024 für ihren „Win-Now“-Ansatz belohnt.

DIE WILD-CARD

L.A. Clippers (44-38)


Seit Jahren schon gehören die Clippers zu den teuersten Teams der Liga, auch 2023/24 geben nur die Warriors mehr Geld für ihren Kader aus. Bis auf eine Teilnahme an den Western-Conference-Finals vor zwei Jahren hat das „andere Team aus L.A.“ dafür aber kaum etwas vorzuweisen. Das soll sich möglichst schnell ändern, denn der Kern um Kawhi Leonard (32) und Paul George (33) wird nicht jünger.


In der Vergangenheit war dieses Duo vor allem dafür berühmt-berüchtigt, den Begriff „Load Management“ salonfähig zu machen, in der Regular Season waren beide oftmals nicht vollends fit oder wurden geschont. Nun kündigte Head Coach Ty Lue an, die Regular Season „ernster“ nehmen zu wollen. Dafür müssen die verletzungsanfälligen Stars aber eben auch fit bleiben, dann haben die Clippers auf dem Papier ein starkes Team.


Das war aber auch in den Vorjahren der Fall, die Praxis sah meistens anders aus. Das Gerüst um die beiden Stars ist in weiten Teilen dasselbe geblieben – vorerst zumindest. James Harden will am liebsten in die Stadt der Engel wechseln, ein Trade lässt aber noch auf sich warten. Somit wird weiterhin Russell Westbrook (34) die Point-Guard-Position bekleiden, der Ex-MVP hat im Sommer einen neuen Vertrag erhalten. Ansonsten bestechen die Clippers mit ihrer Tiefe.


Doch das theoretische Titelfenster wird immer kleiner – es wird höchste Zeit für die Clippers, die Kawhi/George-Ära in etwas Zählbares umzumünzen. Beide könnten im nächsten Sommer Free Agents werden, der Erfolgsdruck auf der Franchise ist in dieser Saison also enorm.

DIE PLAY-OFF-KANDIDATEN

Sacramento Kings (Vorjahr: 48-34)


Wie stark diese Division ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass es keine Außenseiter gibt. Alle fünf Teams sind mindestens Play-off-Kandidaten, auch wenn im bärenstarken Westen irgendjemand wird Federn lassen müssen – sprich: den Umweg übers Play-in-Turnier wird meistern müssen.


Nachdem die Kings in der Vorsaison eine 17 Jahre andauernde Play-off-Dürre beendet hatten, kam es nicht überraschend, dass die Verantwortlichen das Team im Sommer weitestgehend zusammenhielten. Einer der Eckpfeiler des Erfolgs, Domantas Sabonis, bekam eine vorzeitige Vertragsverlängerung (vier Jahre, 186 Millionen Dollar), Harrison Barnes wurde zudem gehalten. Neu dabei für den Flügel ist der amtierende Euroleague-MVP Sasha Vezenkov.


Dadurch darf man aber auch eine Mannschaft mit ähnlichen Stärken und Schwächen wie in der Vorsaison erwarten: vorne hui, hinten pfui. Die von De’Aaron Fox und Sabonis angeführte Offense agierte 2022/23 auf historisch starkem Niveau, in der Defense reichte es ligaweit nur für den siebtschlechtesten Wert. Die Offensiv-Leistungen muss Sacramento aber erst noch wiederholen, während viele der Konkurrenten im Westen weiter aufgerüstet haben. Den dritten Rang wie in der Vorsaison sollte man dadurch nicht noch einmal erwarten. Eine Top-6-Platzierung sollte aber nicht überraschen – ein „Absturz“ in die Play-in-Ränge darf aber ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, wenn die Offense nicht an ihr Vorjahres-Niveau heranreicht.

© – by kicker.de

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