Basketball – Dennis Schröder: Die krassen Gegensätze zwischen FIBA-Dennis und NBA-Schröder – NBA – Basketball


Zwei Minuten vor dem Ende, bei einem Punkt Rückstand garniert Dennis Schröder einen Block gegen Steph Curry mit einem Alley Oop auf Daniel Theis. Als sich das finale Vorbereitungsspiel für die Olympischen Spiele in Paris den Turniercharaktermantel überstreift, streut Schröder wie selbstverständlich zwei Big Plays ein.

Nachdem er zuvor bereits LeBron James stehen ließ und vor Joel Embiids Help-Defense genau so viel Respekt hatte, dass er auf den cuttenden Theis ablegte. Nachdem er sich nach dem Pick-and-Roll plötzlich Bam Adebayo und Anthony Edwards gegenübersah und genau so eingeschüchtert war, dass er einen Semi-No-Look-Pass auf Moritz Wagner aus dem Handgelenk schüttelte. Nachdem er beim Drive zum Ring angesichts amerikanische Help-Defense genau so viele schlaflose Nächte bekam, dass er lässig auf Andreas Obst in der Ecke ablegte.

Im Juli 2024 zählt das DBB-Team zu den besten Nationalmannschaften des Planeten. Und das hat sehr viel mit Dennis Schröder zu tun.

DER DBB bei Olympia

FIBA-Dennis: Einzigartig explosiv

Als klarer Leader führte das DBB-Team erst zu EM-Bronze, danach zum WM-Titel, nun zu Olympia. Entscheidend ist dabei, wie er die Rolle mit Leben füllt. Streift sich Schröder das DBB-Trikot über, mutiert Dennis Schröder, der Premium-Rollenspieler in der NBA, zu FIBA-Dennis, regelmäßig bester Spieler auf dem Parkett. Manchmal überdreht er ein wenig. So auch gegen die USA, als er am Ende munter weiter warf, obwohl kaum einer seiner Versuchen den Weg durch den Ring fanden.

Vor allem übernimmt Schröder an allen Ecken und Enden. Er verteidigt aggressiv am Ball, bremst damit die gegnerische Offense. Umgekehrt setzt Schröder Defenses durch seinen Speed, seine Aggressivität unter Druck. Er schließt selbst ab oder nutzt kollabierende Verteidigungsstrategien, um unter anderem Franz Wagner, Theis, Johannes Thiemann, Johannes Voigtman, Obst oder Moritz Wagner offene Würfe zu servieren.

Entscheidend dabei: Schröders Speed findet sich im FIBA-Basketball selten. Nicht, dass Guards international grundsätzlich im Andre-Miller-Gedächtnis-Tempo unterwegs wären, doch häufig schlägt Methodik Explosivität. Entsprechend schwer tun sich Defenses mit Schröders Speed, gepaart mit seinem Ehrgeiz.

Dennis Schröder: Unbändiger Ehrgeiz

Er möchte nicht nur spielen, er möchte gewinnen. Immer. Als er im Sommer 2023 in Toronto unterschrieb, gab Schröder an, man könne natürlich nicht jedes Spiel gewinnen, „aber wir werden da raus gehen und den anderen den Kopf abreißen. So wollen wir jedes Spiel spielen. So habe ich es immer gemacht.“

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Dennis Schröder ist der Kapitän des DBB. IMAGO/camera4+

Worte eines Leaders – und ein solcher sollte, wollte Schröder in Toronto sein. „Ich bin hier der Starting Point Guard, der Trainer hat das auch so kommuniziert“, sagte er nach seine Verpflichtung. Den Trainer, Darko Rajakovic, kannte Schröder noch aus seiner Zeit in Oklahoma City, seiner erfolgreichen NBA-Phase. An der Seite von erst Russell Westbrook und Paul George, danach von Shai Gilgeous-Alexander und Chris Paul etablierte er sich als einer der besten Sixth Men der Liga.

Schröder in der NBA: Lakers, Celtics, Rockets, Lakers, Raptors, Nets

Komplizierter wurde es mit seinem Wechsel zu den Lakers 2020. Neben LeBron James und Anthony Davis sollte Schröder der dritte Offensivanker sein, LeBron Kreationsarbeit abnehmen. Zu Beginn funktionierte der Plan. Die Lakers begannen die Saison mit 22 Siegen und 7 Niederlagen. Es folgten Verletzungen, Corona-Infektionen, ein schwaches Finish (20-23) und ein Erstrundenaus gegen Phoenix, bei dem Schröder nicht gut aussah.

Der nächste Schritt: die mittlerweile beinahe mystisches, angebliche Ablehnung eines angeblichen 4-Jahre-84-Millionen-Dollar-Angebots und eine Wanderschaft. Statt langfristig bei den Lakers unterschrieb Schröder häufig kurzfristige Verträge zu geringen Bezügen, spielte erst in Boston, danach in Houston, wieder bei den Lakers, um dann nach Toronto zu wechseln. Nie blieb er länger als ein Jahr. Dabei fanden alle Teams Gefallen an Schröder, gerade an seiner Einstellung.

Schröder? „Hebt die Gruppe als Ganzes“

„Seine Toughness“, hatte es beispielsweise Schröders Celtics-Coach Ime Udoka besonders angetan. „Er ist einer, der wirklich kämpft, sehr ehrgeizig ist, sehr stolz. Damit hebt er die Gruppe als Ganzes auf ein neues Level.“ Nur benötigten die Celtics einen Backup-Center, weshalb sie Schröder ausgerechnet für Daniel Theis nach Houston tradeten, wo seine Playmaking-Skills in Jalen Green einen dankbaren Abnehmer fanden. Allerdings hatten sich die Rockets in Fred vanVleet verguckt, den sie im Sommer 2023 verpflichteten.

Immer passte es irgendwie und irgendwie doch nicht. Bei den Raptors sollte sich genau das ändern. „Ich habe Dennis direkt geschrieben, als ich gesehen habe, dass er nach Toronto geht“, sagt Bundestrainer Gordon Herbert im Gespräch mit ran. „Ich war sehr froh darüber. Das ist eine tolle Situation für ihn als Spieler und für seine Familie. Er hat dort die Chance, das Team anzuleiten und ein Anführer zu sein. Es ist eine Win-Win-Situation.“ Raptors-Coach Rajakovic wiederum glaubte, „dass in seinem Spiel mehr steckt, als er bisher in der NBA gezeigt hat.“

Dennis Schröder: Enttäuschung bei den Raptors

Trotz eines vielversprechenden Starts verlief sich die Saison jedoch in Trades (Pascal Siakam und OG Anunoby verließen das Team) und einem damit einhergehenden Neuaufbau, Verletzungen (Scottie Barnes verpasste einen Großteil der Saison wegen eines Handbruchs) und mangelndem Erfolg. Schröder begann als Starter, kam irgendwann von der Bank, suchte zwischenzeitlich seine Sicherheit, ehe er zur Trade Deadline zu den Brooklyn Nets geschickt wurde. Nach einem „guten Gefühl bei der Vertragsunterschrift“ hätte sich Torontos „Plan, wie sie mich als Spieler einsetzen wollen“ geändert, erklärte Schröder nach dem Trade.

Toronto Raptors guard Dennis Schroder brings the ball up court during the first half of an NBA basketball game against the Charlotte Hornets in Charlotte, N.C., Wednesday, Feb. 7, 2024. (AP Photo/Nell Redmond)
Dennis Schröder wurde bei den Toronto Raptors nicht glücklich. picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Bei den Raptors lief es ein wenig wie immer wieder in den letzten NBA-Jahren. Seine Persönlichkeit treibt Schröder in die Leader-Rolle. Sieht er etwas, spricht er es an. So wollte er, „dass sich jeder von uns noch mehr einbringt, noch mehr Begeisterung zeigt. Die Teamkollegen sollten einander anfeuern, sich mit den anderen freuen … Im Sommer mit meinen Brüdern in der Nationalmannschaft wussten wir, dass jeder für den anderen da war. Das spüre ich hier noch nicht.“

Schröder und Herbert: Vertrauen baut eine besondere Beziehung

Beim DBB fänden derlei Worte Gehör. Gordon Herbert wählte Schröder trotz (teils überzogener) Kritik nach der WM 2019 bewusst als Kapitän aus, gab ihm den Raum, auf seine Art zu führen. Ein Vertrauensverhältnis entstand, das auch Auszeit-Auseinandersetzungen überstand. „Wir sind sehr ehrlich miteinander und können uns die Meinung sagen. Wir haben Vertrauen ineinander und Respekt füreinander“, erklärte Herbert gegenüber ran.

Vertrauen. Beim DBB sprengt es alle Grenzen. Über die Jahre ist etwas gewachsen: eine Gruppe, eine Hierarchie, mit Schröder an der Spitze. Wegen seines besonderen FIBA-Profils geht er jederzeit als bester Spieler durch. Franz Wagner mag den Status rein spielerisch zeitnah in Frage stellen, drängt sich jedoch niemals in den Mittelpunkt. Das DBB-Team ist Schröders Team. In der NBA ist genau das schwerer umzusetzen.

Dennis Schröder: In der NBA weniger exponiert

Dort bringt ihn sein Spiel an die Schwelle zum Leader-Status. Die letzten Schritte sind kompliziert. Ein möglicher Erklärungsansatz: So gut Schröder ist, die Point- oder Lead-Guard-Position teilt er sich unter anderem mit Shai-Gilgeous Alexander, Damian Lillard, Jalen Brunson, Donovan Mitchell, Tyrese Maxey, Tyrese Haliburton, Jamal Murray, Luka Doncic, Trae Young, De’Aaron Fox, Steph Curry und Ja Morant. Heißt: In der NBA sticht Schröder weniger heraus. Auch die Konkurrenz explodiert (teilweise) gern Richtung Zone, kreiert, manipuliert, scort, nimmt Defenses auseinander. Zumal die wiederum mehr Erfahrung mit schnellen Guards haben, Schröder damit schwieriger in die Zone kommt, um dort zu servieren.

Gleichzeitig ist er weniger effektiv als auf internationalem Parkett. Dass sein Dreier über die Karriere mit 34 Prozent fällt, bringt zudem häufig Fragen nach dem Fit. So war es auch in Toronto, wo Scottie Barnes, selbst trotz verbesserte Quoten kein Spezialist von draußen, Platz braucht, um sein Spiel aufziehen und seine Mitspieler in Szene setzen zu können.

Trotz Mangel an Alleinstellungsmerkmal, braucht Schröder für sein Spiel den Ball in seinen Händen. Dieses Profil benötigt eine klare Rolle, die nicht jedes Team zu bieten hat. Gleichzeitig verkompliziert es womöglich den Leaderanspruch. Rolle auf und neben dem Court gehen nicht die optimale Symbiose ein.

Schröder: Sixth Man, FIBA-Dennis und Premium-Rollenspieler

Was niemals bedeutet, Schröder sei in der NBA gescheitert. Ganz im Gegenteil. Seit mehr als zehn Jahren findet er in der besten Basketballliga der Welt seine Rolle, hilft Teams durch sein Spiel, seine Defense, seinen Ehrgeiz. 2019 wurde er sogar Zweiter bei der Wahl zum Best Sixth Man.

Beim DBB ist Schröder eben FIBA-Dennis, eine explosive Mischung aus aggressiver Defense, Penetration, Creation und eigenem Scoring, ein lautstarker Anführer, der voran geht. Er sticht heraus, kann seine Leader-Qualitäten so noch mehr entfalten. In der NBA ist er weniger exponiert, ein Premium-Rollenspieler, der in der richtigen Situation vieles geben kann – und trifft man sich kurz vor Olympia, räumt Schröder Curry ab, vernascht LeBron und lässt Adebayo und Edwards desorientiert zurück.

© – by kicker.de

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