Bauermanns WM-Kolumne: Warum die deutsche Bank so stark ist – und der Umgang mit Referees schwer – NBA – Basketball



Dirk Bauermann (65) analysiert für den kicker die deutschen WM-Spiele. Nach dem souveränen Gruppenabschluss gegen Finnland erklärt der Ex-Bundestrainer die Stärke der deutschen Bank. Außerdem nutzt er den Abschluss der 1. Runde, um auf die Schiedsrichter näher einzugehen.

Dennis Schröder (li.) im Gespräch mit dem Schiedsrichter.


Dennis Schröder (li.) im Gespräch mit dem Schiedsrichter.

IMAGO/Alexander Trienitz


Das war ein souveräner Abschluss der Vorrunde mit einem sehr deutlichen Sieg gegen Finnland. Die Finnen haben alles in allem nach ihrer guten Vorstellung bei der Europameisterschaft im Vorjahr enttäuscht.


Die deutsche Mannschaft ist etwas schwächer in das Spiel gestartet. Das ist aber absolut nachvollziehbar und normal, weil man bei einem solchen Turnier eine extrem hohe Spielbelastung hat. An jedem zweiten Tag steht die nächste Aufgabe an. Da nimmt man im Guten wie im Schlechten etwas von der letzten Partie mit. Insbesondere was die mentale und emotionale Einstellung auf das Spiel betrifft. Da ist es mehr als normal, dass man nach so einer engen und emotionalen Partie wie gegen Australien zunächst mal eine Weile braucht, bis man sich in das neue Spiel reingebissen hat. Das hat das deutsche Team in überzeugender Weise getan, es ist nicht nervös geworden. Auch das zeigt diese enorme Reife, die diese Mannschaft entwickelt hat.

In einem so langen Turnier reicht eine Sieben- oder Acht-Mann-Rotation nicht aus


Es ist auch nochmal klar geworden, wie sehr Gordon Herbert seinem „zweiten Anzug“, seinen Spielern von der Bank, vertraut. Dass diese so eine Leistung abliefern, hat nicht nur mit ihrer Qualität zu tun. Es liegt auch daran, dass der Trainer ihnen viel Vertrauen gibt, dass es eine Kontinuität in der Rotation gibt. Die Jungs wissen genau, was zu tun ist und wann sie ins Spiel kommen. Diese Stabilität hilft ungemein.  In einem so langen Turnier reicht eine Sieben- oder Acht-Mann-Rotation einfach nicht aus.


Zum Ende der Gruppenphase bietet sich ein Blick auf die Schiedsrichter an. Wir haben im Basketball leider die Situation, dass viele der besten Referees bei der WM nicht zum Einsatz kommen. Das hängt mit den Streitigkeiten zwischen Euroleague und FIBA zusammen, die sich Gott sei Dank etwas aufzuweichen scheinen. Die Euroleague wird während der nächsten Qualifikationsturniere für Länderspiele pausieren. Das ist ein Fortschritt.


Aber Schiedsrichter der Euroleague werden noch immer nicht für FIBA-Events berücksichtigt. Das macht sich in der Qualität bemerkbar. Hinzukommt, dass bei der WM auch Unparteiische aus Asien, Afrika und Südamerika zum Einsatz kommen, die nicht auf dem Level von amerikanischen oder europäischen Schiedsrichtern sind. Dann ist also auch mal jemand dabei, der auf solcher Bühne nur alle vier Jahre Spiele leitet. Das merkt man natürlich.

Dirk Bauermann


Dirk Bauermann trainierte die deutsche Basketball-Nationalmannschaft – und auch Tunesien.
imago images/Newspix

Einige DBB-Nationalspieler lassen sich noch zu sehr von schlechten Schiedsrichter-Pfiffen beeinflussen


Ich finde es auffällig, dass sich einige deutsche Nationalspieler immer wieder von schlechten Schiedsrichterentscheidungen beeinflussen lassen und da sehr emotional reagieren, was immer die Konzentration und den Fokus stört. Ich sehe da eine kleine Gefahr.


Wir haben emotionale Spieler in unseren Reihen, das hat ganz viel Gutes – kann aber auch in Phasen, in denen man sich von Schiedsrichtern benachteiligt fühlt, negative Folgen haben. Ich glaube, in solchen Momenten wäre ein größerer Fokus auf das eigene Spiel wichtiger. Die Auseinandersetzung mit den Referees kann man dem Bundestrainer überlassen. Insbesondere dann, wenn es gegen die noch größeren Kaliber im weiteren Turnierverlauf geht. Aber klar: Das ist natürlich leichter gesagt als getan.


Apropos Schiedsrichter: Es ist kein deutscher bei der WM dabei, was ich überhaupt nicht verstehen kann. Denn meiner Überzeugung nach hat sich die Qualität der deutschen Schiedsrichter in den vergangenen Jahren sehr entwickelt. Es gibt natürlich Unparteiische, die in der Euroleague tätig sind und deshalb nicht in Frage kommen. Aber es gibt auch welche, die dort nicht pfeifen und zu 100 Prozent die Qualität haben, bei einem solch großen Turnier zum Einsatz zu kommen.


Dirk Bauermann (65) hat mit der deutschen Nationalmannschaft um Dirk Nowitzki 2005 EM-Silber gewonnen und die DBB-Auswahl insgesamt gut acht Jahre gecoacht (WM 1994, 2003 bis 2011). Mit Leverkusen und Bamberg gewann Bauermann als Trainer unter anderem neun Deutsche Meistertitel. Mit Tunesien gewann er 2021 die Afrikameisterschaft. Inzwischen ist er wieder für den Deutschen Basketball-Bund als Koordinator im Nachwuchsbereich tätig.

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