Bronny James zwischen Hype und Häme: Ist er gut genug für die NBA? – NBA – Basketball


Jaylen Brown fand sich vor wenigen Tagen in einer Kontroverse wieder, für die er sich etwas später genötigt sah eine Rechtfertigung zu formulieren. Gemeint ist nicht sein „Angriff“ auf Team USA beziehungsweise Ausrüster Nike, beziehungsweise seinen Teamkollegen Derrick White, der ihm bei der Nach-Nominierung vorgezogen wurde. Dieses Thema war eigentlich harmloser.

Brown saß mit den WNBA-Spielerinnen Angel Reese und Kysre Gondrezick Courtside bei der Summer League und gab ihnen gegenüber die Einschätzung ab, dass Bronny James „kein Profi“ sei. Er sagte auch: „Ich denke, wegen seines Namens wird er für die Lakers spielen.“ Die Kameras fingen das Gespräch ein, der Clip ging viral und war nicht der beste Look für den amtierenden Finals-MVP, sicherlich. Brown schrieb etwas später auf X, er freue sich darauf, die Entwicklung von James zu beobachten.

Eine Entschuldigung war das nicht, eine Entschuldigung war nüchtern betrachtet aber auch nicht nötig nach einer privaten Konversation, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen war. „Ich kenne Jaylen Brown, ich weiß, dass er das nicht mit irgendeiner bösen Absicht meint, er führt einfach ein Gespräch“, erkannte James‘ Agent Rich Paul an.

Im Endeffekt sagte Brown auch nur das, was viele denken – und leider noch mehr Leute lautstark und sehr hämisch kundtun -, die den 19-Jährigen derzeit in Las Vegas beobachten.

Bronny James: Die Zahlen stimmen nicht

James, der im Draft an Position 55 gezogen wurde, hatte in der Nacht auf Donnerstag gegen Atlanta endlich einen kleinen Durchbruch (12 Punkte), hat in seinen Sommer-Spielen bis dato aber nur einmal die Hälfte seiner Würfe getroffen. 3,5 Punkte bei 25% aus dem Feld erzielte er in zwei Spielen des California Classic, 8,8 bei 35% über vier Spiele sind es bisher in Las Vegas. Von der Dreierlinie steht er nun bei 3/23.

Nun sind die Zahlen in der Summer League nicht übermäßig wichtig. Topscorer in Las Vegas sind nicht selten Spieler, die in der NBA kaum Fuß fassen, es ist ein komischer, unorganisierter Basketball, bei dem schon andere später erfolgreiche Spieler nicht glücklich aussahen; Brown selbst traf über seine ersten drei Spiele 2016 5/26 aus dem Feld, nur als Beispiel.

Bei James besteht jedoch das Problem, dass seine derzeitigen Leistungen recht gut zu dem Eindruck passen, den viele ohnehin schon von ihm hatten und die auch Brown nun formuliert hat: Dass er eigentlich nicht bereit ist für das, was ihm nun bevorsteht. Was kein Angriff sein muss. Es wäre nach dem vergangenen Jahr eigentlich schockierend, wenn es anders wäre.

Bronny James: Gesundheitsschock am College

James hat den Namen (zur Sicherheit: LeBron James Jr.), der für ihn spricht und der dazu führte, dass er im 2024er Draft aufgerufen wurde. Abgesehen davon sprach über das letzte Jahr gar nicht so viel für die Karriere, beziehungsweise für deren jetzigen Start. Vor fast genau einem Jahr (am 24. Juli) kollabierte James im Training, kurzzeitig schien deutlich mehr als nur Basketball für ihn in Gefahr.

FILE - Southern California's Bronny James (6) drives up the court against Washington during the first half of an NCAA college basketball game in the first round of the Pac-12 tournament Wednesday, March 13, 2024, in Las Vegas. Bronny James will enter the NBA draft after one season at Southern California that was shortened by his recovery from cardiac arrest. The 19-year-old son of LeBron James announced Friday, April 5, 2024, on his Instagram account that he also plans to retain his college eligibility and will enter the transfer portal.(AP Photo/John Locher, File)
Bronny James spielte auf dem College für USC. picture alliance / ASSOCIATED PRESS

James hatte einen Herzstillstand erlitten – als Folge einer angeborenen Herzkrankheit, die erst in diesem Zusammenhang erkannt wurde. Er verbrachte drei Tage im Krankenhaus, ehe er entlassen wurde. Bis er für sein College-Team, die USC Trojans, debütieren konnte, gingen fünf Monate ins Land, Vorbereitung und Saisonstart fanden weitestgehend ohne ihn statt.

Vor dieser Episode hatte sich James an der High School stetig verbessert, es zum McDonald’s All-American Game und zum Hoop Summit geschafft. ESPNs Jonathan Givony, der vielleicht am besten vernetzte Draft-Experte, sah in ihm im Sommer 2023 einen möglichen Top-10-Pick 2024. Nicht nur USC, auch unter anderem Ohio State und Oregon hatten versucht ihn zu rekrutieren.

Bronny James: Ein (fast) verlorenes Jahr

Diesem Anspruch wurde er nach seiner Rückkehr nicht gerecht. James hatte für die Trojans einige gute Spiele, wie ein Lottery-Pick sah er nicht aus; 4,8 Punkte, 2,8 Rebounds und 2,1 Assists verzeichnete er über 25 Einsätze, bei miesen Quoten (36,6% aus dem Feld, 26,7% Dreier). Seine Defense gefiel, seine Offense hingegen glich kurz gesagt einer Großbaustelle.

Gemäß der Umstände verwundert dies nicht – de facto verlor James ja ein halbes, potenziell formatives Jahr, um an seinem Spiel zu arbeiten. Normalerweise würde dies dazu führen, dass er für eins, zwei oder vielleicht sogar drei weitere Jahre am College bleiben würde, um genau das nachzuholen und zu intensivieren. Nur war und ist bei seiner Situation eben nichts normal.

LeBron Sr. hatte schon vor Jahren den Wunsch formuliert, eines Tages mit seinem Sohn zusammenzuspielen. Er nutzte nun seinen Einfluss, um dies bei der ersten Gelegenheit möglich zu machen. Bronny erhielt Workout-Anfragen von bis zu zehn Teams – er spielte nur bei den Lakers und Suns vor.

Gerüchten zufolge warnte Agent Paul andere interessierte Teams, dass Bronny nach Australien gehen würde, sollten sie ihn draften. Öffentlich sagte Paul noch, an einem Two-Way-Vertrag bestünde kein Interesse. Klutch Sports und LeBron wehren sich zwar gegen die Darstellung, sie hätten diesen Weg „erzwungen“, aber … davon sind auch sie wohl nicht überzeugt.

Bronny James: Geht es in die G-League?

Und nun ist James ein Laker, mit einem „richtigen“ NBA-Vertrag (4 Jahre, 7,9 Mio. Dollar, 4,4 davon garantiert). Er steht mehr im Fokus als jeder Nr.55-Pick vor ihm: In Las Vegas wird mit seinem Konterfei geworben, seine Spiele laufen bei ESPN im landesweiten US-Fernsehen, sie ziehen das meiste Publikumsinteresse. Auch die meiste Häme, natürlich.

EL SEGUNDO, CA - JULY 02: Los Angeles Lakers guard Bronny James (9) waits during the Los Angeles Lakers welcome press conference, PK, Pressekonferenz for their NBA, Basketball Herren, USA Draft picks on July 02, 2024, at UCLA Health Training Center in El Segundo, CA. (Photo by Jevone Moore Icon Sportswire) NBA: JUL 02 Lakers Draft Picks Press Conference EDITORIAL USE ONLY Icon2024070221
Bronny James hat einen NBA-Vertrag bekommen. IMAGO/Icon Sportswire

Die Frage ist nun, wie es weitergeht, wenn die Summer League durch echten Basketball ersetzt wird. James hat – anders als Paul zunächst – bereits öffentlich betont, dass er kein Problem damit hätte, in die G-League geschickt zu werden: „Ich freue mich einfach auf jeden Basketball, den ich spielen kann, unabhängig vom Level“, sagte James, der offensichtlich keine Geschenke aufgrund seines Namens erwartet.

Offensichtlich erscheint, dass James Spielpraxis braucht, die er tatsächlich wohl eher bei den South Bay Lakers bekommen kann. Im Januar hatte sein Vater zwar noch – unnötigerweise – behauptet, sein Sohn könne schon jetzt „locker“ für die Lakers starten, damit ist in 24/25 aber wohl ziemlich sicher nicht zu rechnen.

Bronny James: Die Checkliste ist lang

Vielleicht ändert sich das ja perspektivisch. James hat durchaus Attribute, die in der NBA gewünscht sind: Sein Spielverständnis ist sehr gut, er ist ein guter Pressure-Verteidiger und weiß auch im Teamverbund, wo er zu sein hat. Er ist kräftig gebaut, hat lange Arme, ist sprunggewaltig und kann auch gegen etwas größere Gegenspieler seinen Mann stehen.

Das Problem ist, dass fast alle Gegenspieler größer sein werden – James wurde beim Combine mit 1,87m ohne Schuhe vermessen, was noch kleiner ist als die vorher gelistete Größe. Er ist für einen Two-Guard eigentlich zu klein, hat aber bisher nicht die Tools als Ballhandler, um funktional auf der Eins zu spielen. Sein Wurf, der technisch eigentlich ordentlich aussieht, muss besser und vor allem konstanter werden. Er ist nicht explosiv genug, um regelmäßig an Verteidigern vorbeizukommen, gerade wenn diese absinken.

James hat kurzum eine ziemlich üppige Checkliste, die er bearbeiten muss, um ein Spieler zu werden, der sich dauerhaft in einer NBA-Rotation etablieren kann. Was eigentlich ja nicht ungewöhnlich ist bei einem Spieler, der spät in der zweiten Runde gepickt wurde. Ungewöhnlich ist eben, dass bei diesem späten Zweitrundenpick die ganze Basketball-Welt zusehen wird.

© – by kicker.de

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