FC Bayern: Joao Cancelos stiller Abschied aus München – Fussball



In München wollte Joao Cancelo (29) wieder Fußball spielen und am liebsten drei Titel gewinnen. Wie es für den Portugiesen weitergeht, ist völlig unklar.

Immerhin ein Titel sprang für Joao Cancelo (M.) und die Bayern am Ende der Saison noch raus.


Immerhin ein Titel sprang für Joao Cancelo (M.) und die Bayern am Ende der Saison noch raus.

IMAGO/aal.photo


Laut wurde es Anfang April in Manchester mehrfach, zum Beispiel die drei Male, als der Ball im Tor der Bayern landete. Als City im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League die Tür zum Halbfinale ganz weit öffnete, geriet ein Mann fast in Vergessenheit, der so gerne in den Vordergrund gerückt wäre. Der so gerne seinen Moment gehabt und gesagt hätte: das habt ihr jetzt davon, mich einfach zu vergraulen!


Stattdessen hagelte es Pfiffe, als Joao Cancelo zehn Minuten vor Schluss – die Bayern hatten das Spiel längst klar verloren – von Thomas Tuchel reingeworfen wurde. Ausgerechnet der Spieler, der noch in der Gruppenphase mit einem Traum-Assist auf Erling Haaland für den Siegtreffer gegen Borussia Dortmund gesorgt hatte, stand nun beim Gegner auf dem Platz und musste bei jeder Ballaktion die Buhrufe von den Rängen hinnehmen. Wie konnte es nur so weit kommen?

Cancelo: Ausschläge zur Weltklasse, aber …


Es passiert tatsächlich immer noch, dass ab und zu jene Fragen aufkommen: Warum lässt Pep Die denn ziehen? Warum gibt er Leroy Sané an Bayern ab? Warum lässt er zu, dass Gabriel Jesus und Oleksandr Zinchenko gleich beide zu Arsenal wechseln? Und warum, bitte schön, schenkt er den Bayern mitten in der Saison Joao Cancelo? Auch noch ohne Leihgebühr!


Und irgendwie ist es am Ende immer Guardiola, der zuletzt lacht. Sané war in München (bis jetzt) noch nicht so gut wie in Manchester, Gabriel Jesus und Zinchenko wurden letztlich doch nicht Meister. Und Cancelo … Der konnte einerseits bestätigen, dass er ein ganz wunderbarer Fußballer ist, manchmal sogar mit Ausschlägen zur Weltklasse. Er zeigte jedoch auch, warum ihm der Ruf der launischen Diva von Lissabon über Turin, Mailand und Manchester bis nach München folgte.


Da sieht man, dass er weiß, wo der Ball hinmuss. Und er hat die technischen Möglichkeiten, das umzusetzen. Eine absolute Bereicherung!



Groß war die Freude im Lager der Bayern, als Cancelo, der ManCity nach drei Partien als Reservist nicht schnell genug verlassen konnte, sowohl beim Pokal-Debüt in Mainz (4:0) als auch beim Liga-Einstand in Wolfsburg (4:2) jeweils einen Assist beisteuerte. „Das sind Bälle, die ich mir erträume“, schwärmte Leon Goretzka damals, Anfang Februar. „Da sieht man, dass er weiß, wo der Ball hinmuss. Und er hat die technischen Möglichkeiten, das umzusetzen. Eine absolute Bereicherung!“


Haken, Finten, Flanken und Dribblings – all das, was Cancelo vor nicht allzu langer Zeit zum vielleicht besten Außenverteidiger der Welt hatte werden lassen, zeigte er auch im Trikot des FC Bayern. Allein: Allzu lange hielt die Freude über den Neuzugang mit den strahlend weißen Zähnen nicht an. Zu selten wirkte der Portugiese wirklich effektiv aufs Offensivspiel ein, zu oft hingegen leistete er sich defensiv Aussetzer, ging teilweise vor dem eigenen Sechzehner ins Dribbling und verlor den Ball. Und fand sich im Handumdrehen auf der Bank wieder.

Cancelo muss spielen, um glücklich zu sein


Schnell perfektionierte Cancelo eine Technik, die ihm andere in München vorgemacht haben. Wann immer er durch die Mixed Zone der Allianz-Arena schritt, hielt er sicherheitshalber das Handy ans Ohr. Ob er nun wirklich telefonierte oder nicht, immerhin entging er so den Fragen nach seiner Situation. Und wenn das Handy mal in der Hosentasche blieb, schaute Cancelo lieber nach unten oder zur anderen Seite. Interviews gab er stattdessen in Portugal und sagte dort, was Guardiola schon zuvor betont hatte: Cancelo muss spielen, um glücklich zu sein.


Nachdem Cancelo in Stuttgart (2:1) ohne Einsatzminute geblieben war, gab er sich am Folgetag beim Spielersatztraining keine große Mühe, den Frust zu verbergen. „Da hat man schon gemerkt, dass ihm die Situation nicht ganz so leichtfällt“, gab Julian Nagelsmann zu. Die Dreierkette sei das Problem, meinte der damalige Bayern-Coach dann, Cancelo brauche eine Viererkette. Auch intern war den Verantwortlichen klar, dass der damals 28-Jährige dort, hinten rechts im Viererverbund, am besten funktioniert. Doch ausgerechnet dann, als Cancelo gerade kam, rückte Nagelsmann wieder ab vom 4-2-3-1. Musste jedoch wenige Wochen später ohnehin abrücken – von der Säbener Straße.

Cancelo favorisiert einen Wechsel nach Spanien


Auch Thomas Tuchel ließ Cancelo bei seinem Einstand gegen Dortmund (4:2) zunächst auf der Bank, das Glück des temperamentvollen Portugiesen war jedoch das Unglück der anderen. Erst fehlte Dayot Upamecano in Freiburg (1:0) gelbgesperrt, dann zog sich Alphonso Davies in Mainz (1:3) eine Muskelbündelverletzung zu, die ihn für den Rest der Saison auf die Tribüne verbannte. Cancelo durfte als Aushilfs-Linksverteidiger ran, Noussair Mazraoui dafür rechts.


Wirklich Werbung machte Cancelo jedoch zu selten für sich, zumindest nicht genug in Anbetracht der 70 Millionen Euro schweren Kaufoption, die sich die Bayern Ende Januar in den Vertrag hatten schreiben lassen. Spiele wie jenes vorletzte gegen Leipzig (1:3), in denen Cancelo der einzige Antreiber in einer ansonsten erschreckend stillen Offensive war, zeigten, dass den Bayern neben Joshua Kimmich ein Spieler fehlt, der von hinten heraus auch mal gestalten, kreative Lösungen finden kann. Sie blieben allerdings eine Rarität.


Nur ist jetzt, nachdem Cancelo in einer Saison sowohl mit Bayern als auch mit ManCity Meister wurde, die Zukunft ungewiss. 70 Millionen Euro wird der FC Bayern nicht bezahlen, Cancelo, der ohnehin einen Wechsel nach Spanien favorisiert, müsste schon ein echtes Schnäppchen werden, um seine Wohnung im Münchner Stadtteil Bogenhausen nochmal zu betreten. Es sieht vielmehr nach einem stillen Abschied aus.

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