Franz Wagner und die Wurfkrise: Neuer Ablauf und was Herbert will – NBA – Basketball



Franz Wagner war einmal mehr deutscher Top-Scorer beim olympischen Auftakterfolg gegen Japan. Sein Problem mit dem Distanzwurf konnte der NBA-Star aber auch in diesem Spiel nicht kaschieren und spricht offen darüber. Wie auch Bundestrainer Gordon Herbert.


Mit den Dreiern klappt es noch nicht so recht: Franz Wagner.

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Aus Lille und Paris berichtet Carsten Schröter-Lorenz


Franz Wagner ging auch am Samstag gegen Japan voran, war beim letztlich souveränen 97:77-Auftaktsieg gegen Japan Topscorer – und vor allem bei seinem unwiderstehlichen Zug zum Korb von den Asiaten nicht zu stoppen. Von der Dreierlinie lief es aber nicht – keine neue Erfahrung für den 22-Jährigen.


Eigentlich immer als solider bis guter Schütze bekannt, verließ Wagner der Touch über die abgelaufene NBA-Saison: Nach 36 Prozent im Vorjahr traf er 2023/24 nur 28 Prozent seiner Dreier, gar nur 19 Prozent nach der All-Star-Pause im Februar. Eine Wurfkrise, die von außen schwer zu ergründen ist.

Aus dem Dribbling fällt es Wagner leichter


Offensichtlich ist, dass er etwas an seiner Technik, am Ablauf verändert hat, der nun oft abgehackter aussieht als zuvor. Vor allem beim Catch-and-Shoot stockt die Bewegung kurz auf Hüfthöhe. Anders als viele andere Spieler hat Wagner beim Step-back, oder anderen Würfen, die er sich selbst aus dem Dribbling erarbeitet, weniger Probleme. Dann sieht es runder aus – was wiederum ein Beleg für sein insgesamt außergewöhnliches Talent ist.


Gegen Japan traf Wagner zwei Dreier, brauchte dafür allerdings acht Versuche. Könnte das weitläufige Setting im umfunktionierten Fußballstadion des OSC Lille ein Grund dafür sein, weil der Korb, anders als in engeren Arenen, etwas im luftleeren Raum hängt? Nein, findet Wagner, im Gegenteil: „Das ist, glaube ich, geil, weil man nicht so viel Ablenkung hat, weil es ein bisschen weiter weg ist hinten. Aber es ging ja trotzdem nicht viel rein, daher ist es noch ausbaufähig. Man kann immer irgendwie einen Grund finden, aber manchmal geht das Ding halt nicht rein.“




So einfach ist es natürlich nicht, das weiß auch Wagner. Deshalb hat er sich umfassend mit seinem Distanzwurf befasst und den Ablauf verändert: „Ich fand, dass hat auch ganz gut geklappt in der Vorbereitung. In den ersten beiden Spielen war es nicht so nice, aber es fühlt sich auf jeden Fall gut an und ich bin zuversichtlich, dass es weiter gut sein wird.“


Ich habe viel mit den Augen gearbeitet.



Tatsächlich hatte Wagner in den Vorbereitungsspielen gegen Japan und die USA mit 3/5 und 2/5 gute bis ordentliche Quoten von außen aufgelegt, nachdem er bei den Testspielsiegen zuvor in Frankreich (0/2) und gegen die Niederlande (0/5) keinen einzigen Dreier getroffen hatte.


„Ich glaube manchmal, wenn man immer die gleichen Sachen macht, verliert man so ein bisschen den Fokus auf die wichtigen Dinge dabei“, meint Wagner und verrät: „Ich habe auch viel mit den Augen gearbeitet.“ Was er genau verändert hat, verriet er nicht, gab aber einen Einblick in den allgemeinen Prozess.

„Zu dem wiedergefunden, was ich als kleiner Junge gelernt habe“


„Es geht auch um Timing. Man kann ganz früh auf den Ring gucken, ganz spät, auch dann, wenn der Ball weg ist. Verschiedene Spieler machen verschiedene Sachen und damit habe ich einfach ein bisschen rumexperimentiert und habe, glaube ich, zu dem wiedergefunden, was ich als kleiner Junge gelernt habe.“ Das scheint kein schlechter Ansatz, dank seiner guten Ausbildung konnte Wagner den Weg zum Basketball-Star überhaupt erst einschlagen.



Bleibt ganz entspannt: Gordon Herbert.
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Der Bundestrainer gibt sich jedenfalls nicht beunruhigt bezüglich dieses Themas: „Ich finde, sein Ball sieht gut aus, hat einen guten Backspin in der Luft. Es geht für ihn nur darum, Rhythmus und Vertrauen zu bekommen. Er hat in den beiden Spielen davor und auch im Training ziemlich gut geworfen“, betont Gordon Herbert.

Was Herbert denkt und von Wagner will


Der Kanadier unterstreicht das große Vertrauen in seinen neben Kapitän Dennis Schröder besten Spieler: „Wir wollen, dass Franz wirft. Lieber hat er mal null von sieben Dreiern, als dass er einen trifft bei nur einem Versuch. Wen er weiter wirft, ist er nicht aufzuhalten.“


Es gibt viele gute Werfer mit einem Wurf, der ein bisschen komisch aussieht.



Der veränderte Ablauf ist natürlich auch Herbert aufgefallen – auch das kein Problem für ihn. „Es gibt viele gute Werfer mit einem Wurf, der ein bisschen komisch aussieht. Die größte Sache beim Werfen ist: Du musst jedes Mal auf die gleiche Weise werfen, dann hast du Vertrauen.“


Bei Wagner hat sich der Stil jüngst verändert, der Prozess scheint noch nicht abgeschlossen, Sicherheit, Rhythmus und Vertrauen müssen sich neu etablieren auf hohem Niveau. Das darf man von Wagner erwarten und das erwartet er sicher in erster Linie auch von sich selbst.


Spannend, was in den kommenden Spielen passiert. Nicht nur insgesamt bei den Basketball-Weltmeistern, die am Dienstagabend gegen Brasilien antreten, sondern eben speziell auch bei den Distanzwürfen der Nummer 9. Wagner scheint selbst gespannt zu sein. „Wir können uns ja nochmal nach ein paar Spielen unterhalten,“ sagte er zum Abschied mit seinem typisch schelmischen Grinsen.

© – by kicker.de

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