„Ich will wieder freier spielen“: Oscar da Silva vom FC Bayern München im Interview – NBA – Basketball


Dazu blickt der Forward auf die Olympischen Spiele und den letztlich bitteren Ausgang zurück und verrät, ob er sich mehr auf den neuen SAP Garden oder den LED-Boden im BMW Park freut.

Herr da Silva, nach sieben Jahren schließt sich für Sie der Kreis und Sie sind zurück in Ihrer Heimatstadt München. Wie ist die Gefühlslage?

Oscar da Silva: Es ist sehr schön, wieder zu Hause zu sein. Ich habe zwar noch nicht so viel unternommen, wie ich es mir vorgestellt hatte, weil viel Training, Vorbereitung und Medientermine auf dem Programm stehen, aber es ist schön, wieder da zu sein. Ich bin in der Nähe von meinen Eltern, sehe sie ein paar Mal die Woche und habe auch wieder mehr Kontakt zu meinen Freunden. Für mich ist das super und ich freue mich auf die kommenden Wochen und Monate.

Der Übergang war beinahe nahtlos. Vor ein paar Wochen waren Sie noch bei Olympia, nun der Wechsel. Blieb da Zeit zum Durchschnaufen?

Da Silva: Ich fühle mich einigermaßen erholt. Einen richtigen Urlaub konnte ich nicht machen, weil ich mich in den eineinhalb Wochen um meinen Umzug aus Barcelona kümmern musste. Aber ich fühle mich körperlich ganz gut und wenn jetzt wieder mehr Basketball im Vordergrund steht und weniger Media Days, dann hat man auch noch ein bisschen Zeit, um die Akkus aufzuladen.

Wie ist das mental nach einem solchen Event? Die Olympischen Spiele finden nur alle vier Jahre statt, gleichzeitig war es für Sie das erste große Turnier. Wie ist es dann, wenn einen wieder der „Alltag“ einholt?

Da Silva: Zunächst einmal war das eine aufregende Erfahrung. Das ist ein Kindheitstraum von mir gewesen. Ich bin stolz darauf, dass ich es geschafft habe, mich in das Team reinzuarbeiten, das eigentlich bereits stand. Ich habe diesen ganzen Sommer als Geschenk angenommen. In Lille hatten wir eine sehr schöne Zeit, in Paris war es unglaublich. Und dann war da noch die Mannschaft. Das sind alles Jungs, mit denen man sehr viel Spaß hat. Eine Medaille wäre der krönende Abschluss gewesen, das ist uns leider verwehrt geblieben. Aber ich glaube, ich kann auf dieses Event Olympia trotzdem mit sehr viel Stolz und sehr viel Freude und tollen Erinnerungen zurückblicken.

Sie kamen gegen Frankreich im Halbfinale nicht zum Einsatz. Denken Sie trotzdem noch häufiger an dieses Spiel? Wie haben Sie das erlebt?

Oscar da Silva (m.) kam bei Olympia kaum zum Einsatz
Oscar da Silva (m.) kam bei Olympia kaum zum Einsatz picture alliance / contrastphoto

Da Silva: Das war tough, weil wir durch diese Niederlage ein bisschen unser Mojo verloren ging. Im Spiel um Platz drei konnten wir dann nicht mehr das abrufen, was uns eigentlich so gut gemacht hat. Hinzu kommt, dass diese serbische Mannschaft auch sehr, sehr stark war. Im Nachhinein ist es immer einfach, auf Sachen zu zeigen und zu überlegen, was man anders hätte machen können. Aber das bringt einem im Endeffekt nichts. Noch dazu bei so einem Turnier wie Olympia, wo jedes Spiel gewonnen werden muss. Es gibt da eben keine zweite Chance.

Gordon Herbert ist für seine klare Rollenverteilung bekannt, für Sie war es also klar, dass Sie nur im Notfall spielen würden. Wie hielten Sie sich für diesen Moment bereit?

Da Silva: Ich habe in den Einheiten Gas gegeben, war im Kraftraum. Ich bin nach den Trainingseinheiten länger geblieben, wo wir zum Beispiel nur mal unsere Systeme durchlaufen. Ich habe dann geworfen, ein bisschen Eins-gegen-Eins gespielt. Das war für mich wichtig, damit ich am Ball bleiben konnte. Das hat der Coach auch explizit gefordert, dass Spieler wie ich die Mannschaft immer pushen, immer Gas geben.

Das ist sicher oft leichter gesagt als getan …

Da Silva: Ich wollte auf der Bank auf jeden Fall Maskottchen Nummer eins sein. Das war der erste Schritt. Egal, ob es gut oder schlecht läuft, von außen können positive Vibes ausgestrahlt werden. Ich habe versucht, den Jungs Arbeit abzunehmen, zu schauen, dass sich alle wohlfühlen in dem, was sie machen. Klar ist auch, dass man da nur bedingt Einfluss auf das Geschehen auf dem Feld nehmen kann. Dennoch war das meine Rolle und die bestand nicht nur daraus, dass ich mich da hinhocke und einfach nur anwesend bin.

Bei den Bayern heißt Ihr Trainer ebenfalls Gordon Herbert. Wussten Sie das schon vor Ihrer Unterschrift?

Da Silva: Nein, ich habe noch mit Pablo Laso kommuniziert. Es wurde dann aber auch an mich herangetragen, bevor das veröffentlicht wurde. Es ist gut, einen Trainer zu haben, den man kennt und der einen kennt, mit dem man schon ein bisschen Zeit verbracht hat.

Was zeichnet Coach Herbert für Sie aus? Sie haben ihn nun bei der Nationalmannschaft für eine ganze Weile erlebt.

Da Silva: Er ist gut darin, Spieler zu verbinden und die verschiedenen Individuen zu einer Einheit zu formen. Das ist eine besondere Stärke von ihm. Er kümmert sich um seine Spieler, er ist gut darin, seine Spieler bei Laune zu halten. Davon profitieren die Spieler, sowohl in einem kurzen Zeitfenster wie bei der Nationalmannschaft, als auch bei einem Verein. Er kommuniziert sehr klar, was wichtig ist und nicht jeder Trainer gleich gut macht oder kann. Das sind gute Zutaten für ein erfolgreiches Training.

Wie hält er die Mannschaft bei Laune?

Da Silva: Er denkt sich immer verschiedene Spielchen aus, macht gerne Witze. Wir machen manchmal im Training Shooting Competitions, wo er anschließend Rubbellose verteilt. Bei der Nationalmannschaft haben wir ab und zu ein bisschen Poker gespielt und solche Geschichten. Es sind kleine Dinge, die Freude bei den Spielern hervorrufen.

Wissen Sie schon, wie Ihre Rolle bei den Bayern aussehen wird?

Da Silva: Das werden wir sicherlich im Trainingslager in Slowenien genauer besprechen. Ich denke, ich werde Verantwortung übernehmen dürfen, weil ich zu den erfahreneren Spielern im Kader gehöre. Ich freue mich darauf. Wir waren bis jetzt mehr damit beschäftigt, unser System zu lernen und weniger über Rollen zu sprechen.

Herbert ist auch dafür bekannt, dass seine Spieler zusammen die Ziele festlegen sollen. Was wird Ihre Antwort sein, wenn diese Ziele festgelegt werden?

Da Silva: Ich will um beide Titel in Deutschland spielen und in der EuroLeague die Playoffs erreichen. Das sind klare Ziele, die hier gesetzt werden – von der Mannschaft als auch von der Vereinsseite.

In Barcelona waren die Ansprüche noch höher und Sie eher ein Rollenspieler. Wie bewerten Sie die zwei Jahre in Spanien?

Da Silva: Ich habe dort extrem viel gelernt, was das Spielverständnis und die taktischen Feinheiten im Basketball auf europäischem Level angeht. Da ich so ein bisschen Spezialist war, habe ich eine ganz gute Basis gelegt, was Verteidigung und Intensität auf dem Feld angeht. Letztlich bin ich dort aber nicht so zur Geltung gekommen, wie ich mir das vielleicht vorgestellt habe. Spielerisch gesehen war ich nicht konstant genug bzw. habe mich hier nicht so entwickelt, wie es möglich gewesen wäre. Trotzdem habe ich aus den Trainingseinheiten gegen meine Mitspieler viel mitgenommen, auch wenn sich das auf dem Feld nicht so widergespiegelt hat. Man hat dort nicht den Spielraum, jungen Spielern Fehler zu gestatten. Gerade in der ACB, wo auch jedes Spiel ein Kampf bis zum Äußersten ist, gibt es keine leichten Spiele. Die Erwartung ist dort, dass man die ACB und auch die EuroLeague gewinnt.

Josh Nebo and Oscar da Silva are playing in the match between FC Barcelona and Maccabi Playtika Tel Aviv for week 33 of the Turkish Airlines Euroleague at the Palau Blaugrana in Barcelona, Spain, on April 4, 2024. (Photo by Joan Valls/Urbanandsport/NurPhoto)
Oscar da Silva war beim FC Barcelona vor allem als Verteidiger gefragt. picture alliance / NurPhoto

Hätten Sie sich mehr Chancen erhofft?

Da Silva: Letztlich ist jeder Spieler für sein eigenes Glück verantwortlich. Die Spieler stehen auf dem Feld, nicht der Coach, und dort muss man eben liefern. Der Kader war so hochkarätig besetzt, dass es schwieriger war, diese Chancen zu erhalten. Genau das erhoffe ich mir in München, um wieder ein bisschen freier zu sein, was das Spielerische betrifft.

Wie schätzen Sie denn bislang den Kader nach den ersten Einheiten ein? Nach der Verpflichtung von Shabazz Napier ist der laut Verein jetzt komplett ist.

Da Silva: Wir haben schon gute Fortschritte gemacht und Shabazz als weiterer starker Guard ist auf jeden Fall eine Bereicherung. Ich finde, dass wir gerade im Frontcourt sehr gut besetzt sind. Nun müssen wir vor allem Spielpraxis sammeln und uns eingliedern. Auf den deutschen Positionen haben wir auch jede Menge Qualität. Ich bin zuversichtlich.

Fünf deutsche Olympia-Teilnehmer sind es, Sie sind einer davon. Wie steht es um Ihre Ambitionen im DBB-Team? Womöglich tritt der eine oder andere noch zurück?

Da Silva: Die Erfahrung im Sommer hat Lust auf mehr gemacht und ich möchte da auf jeden Fall wieder ein Teil davon sein. Vielleicht lässt sich auch mein Bruder Tristan überreden, dass er mitmacht (lacht). Ernsthaft, ich hoffe, dass er es auch in den Kader schafft, selbstverständlich ist das ja nicht. Die Nationalmannschaft hatte mit der EM, der WM und Olympia einen super Lauf und das würde ich liebend gerne noch einmal miterleben.

Bleiben wir doch kurz bei Tristan. Wie sehen Sie seinen Fit bei den Orlando Magic?

Da Silva: Ich glaube, dass er da ganz gut hinpasst. Da sind viele junge hungrige Spieler. Ich denke, er ergänzt mit seinem Skillset den Kader, den sie haben, auch sehr gut. Ich gehe davon aus, dass er dieses Jahr schon Spielzeit bekommen wird. Er war schließlich auch vier Jahre am College und ist kein ganz junger Hüpfer mehr. Deswegen denke ich, mit seiner Spielerfahrung und seinem Spielverständnis wird er da ganz gut komplementieren.

Kommen wir noch einmal kurz zum FC Bayern zurück. Worauf freuen Sie sich mehr: Den neuen LED-Boden im BMW-Park oder den SAP Garden?

Da Silva: Auf jeden Fall die neue Halle. Ich war zwar noch nicht dort, aber darauf freue ich mich schon unheimlich.

Zwei Tests gab es schon auf dem LED-Boden. Wie sind Ihre Erfahrungen, was gibt es für Unterschiede?

Da Silva: Der ist wirklich gut. Wir haben bisher nur auf dem schwarzen Boden gespielt, wo alle LEDs außer den Linien aus waren. Rennen und springen ist aber alles sehr ähnlich. Der Ball springt hier auch überall gleich hoch, das war auf dem Parkett nicht immer so. Da gab es ein paar tote Stellen, wo der Ball nicht richtig gesprungen ist.

© – by kicker.de

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