Von ‚ Hit ‘Em High‘ bis ‚Till I Collapse’ – Niko Backspin über Beats und Basketball bei Olympia – NBA – Basketball


Drei Medaillen bei drei großen Turnieren. Als Gordon Herbert 2021 als neuer Bundestrainer für die deutsche Basketball-Nationalmannschaft seine Ziele formulierte, runzelten nicht wenige Medienschaffende mit der Stirn. Rund drei Jahre später kann der Kanadier alle Kritiker Lügen strafen und bei den Olympischen Spielen in Paris die dritte Medaille Wirklichkeit werden lassen – nach Bronze bei der Europameisterschaft folgte der Weltmeistertitel im vergangenen Sommer. Und nun der große Wurf bei dem Sportereignis des Jahres?

Keine Sorge, dass wird nicht die nächste Analyse des Basketball-Sommers – das überlasse ich anderen. Mein Blick auf das Turnier und den Sport ist ein anderer.

Niko Backspin ist Kolumnist für basketball-world.news
Niko Backspin schreibt für basketball-world.news alle zwei Wochen über kulturelle Themen im Basketball. Niko Backspin

Ich bin Niko Backspin. Seit mehr als 20 Jahren bin ich als Hip-Hop-Journalist vor und hinter der Kamera unterwegs. Mit Serviceplan Culture berate ich Marken in der Zusammenarbeit mit subkulturellen Zielgruppen. Mindestens genauso lange verfolge ich den Basketball – als Fan. Es war Pat Riley, der mit den New York Knicks in den 1990er Jahren den Basketball-Virus in mir entfacht hat und mich immer wieder zurück in die Basketball-Arenen der NBA sowie der easyCreditBBL führt. Tiefe Taktik-Analysen oder wilde Vorhersagen dürfen andere machen. Regelmäßig werfe ich einen Blick auf die Seite des Basketballs, bei der ich mich wirklich auskenne: die Kultur. Von Hip-Hop bis Sneaker und Gaming bis Streetball.

Zum Start meiner Kolumne bei basketball-world.news habe ich mir die Frage gestellt, was wohl die passenden Intro-Songs einiger Teams sein könnten? Ihr wisst, es gibt den ein oder anderen Klassiker, der hier aber nicht auftaucht. Mal sehen, wie ich das begründe…

Frankreich: Hit ‘Em High

Welcher Basketball-Fan erinnert sich nicht an die Szene aus Space Jam (natürlich spreche ich vom ersten Teil…), als die ‚MonStars‘ zum ersten Mal den Court betreten und bei Bugs Bunny & Co. für ordentlich zitternde Knie sorgen? So ähnlich dürfte sich das wohl anfühlen, wenn Victor Wembanyama, Guerschon Yabusele, Rudy Gobert und Mathias Lessort das Parkett bei den Olympischen Spielen betreten. Was für ein Frontcourt!

Die vier Big Men aus Frankreich sind für mich unter dem Korb das Nonplusultra dieses Turniers. Allein die Vorstellung, dass Wembanyama und Gobert mehr als einmal Pick’n‘Roll spielen werden (mit Wembanyama als Ballhandler!), hat Alien-Vibes. Lediglich die eher durchschnittliche Guard-Rotation und die schwächelnde Vorbereitung lassen mich hoffen, dass es für das Team um Cheftrainer Vincent Collet nicht zu Gold reichen wird und das deutsche Team mehr als nur eine realistische Chance in der Vorrunde hat. Aber mit Blick auf den französischen Nachwuchs dürften wir wohl auch künftig ein paar ‚MonStars‘ Vibes bei großen Turnieren erleben.

USA: Hate me now

„You can hate me now, but I won’t stop now / ‚Cause I can’t stop now, you can hate me now“ – die Zeilen von Nas beschreiben vermutlich ganz gut, was Team USA in diesem Sommer in Paris plant – und weltweit als Reaktion ausgelöst hat. Klar, nach dem Halbfinal-Aus 2023 gegen die deutschen Weltmeister hat so ziemlich alles für Paris zugesagt, was in der NBA Rang und Namen hat. Und alles andere als die Goldmedaille dürfte für LeBron James, Kevin Durant, Steph Curry & Co. eine maximale Enttäuschung sein. Und um bei Nas zu bleiben: dass Nationaltrainer Steve Kerr sich nach der ‚Niederlage gegen Europa‘ zuletzt keine Sorgen machen musste, ein ‚Dream Team 2.0‘ auf die Beine zu stellen, hat den europäischen Basketball-Fans die ein oder andere Sorgenfalte auf die Stirn getrieben.

©Laurent Lairys/MAXPPP - Anthony Davis Team Usa during the International Friendly basketball match between USA and South Sudan on 20 July 2024 at O2 Arena in London, England - Photo Laurent Lairys  / PANORAMIC
Anthony Davis will mit den USA eine weitere Goldmedaille. picture alliance/dpa/MAXPPP

Serbiens Headcoach Svetislav Pesic sagte sogar, dass das aktuelle Dream Team besser ist, als die Jungs aus Barcelona 1992. Und das will wohl was heißen. Da kommen dann einfach mal Anthony Davis oder Bam Adebayo von der Bank und mit Kerr, Tyronn Lue und Erik Spoelstra sitzen Coaches mit ordentlich Championship-Erfahrung am Taktikbrett. Wie kann man da bitte nicht wütend sein, wenn ein Team so sehr auf Tiefe und Qualität setzen kann ;). Dass die Jungs allerdings schlagbar sind, haben wir beim Showcase-Event von Team USA in London gesehen. Ein Selbstläufer wird das also nicht.

Kanada: 6 Man

Drake´s Song ‚6 Man‘ ist zwar Lou Williams gewidmet, der damals bei den Raptors spielte und 2015 den NBA ‚Sixth Man of the Year‘ Award gewann, und dennoch hat er für mich auch Bezug zu Team Kanada. Klar können viele Teams von der Bank nochmal ordentlich nachlegen (Stichwort USA…) – bei der kanadischen Nationalmannschaft von Headcoach Jordi Fernández ist mir in der Vorbereitung aber nicht nur die Geschlossenheit des Teams, sondern auch die enorme Ausgeglichenheit aufgefallen.

Echte ‚Next Men Up‘-Mentalität sagen die Basketballer, also viel Wert für den ‚6 Man‘ – wenn auch Ausnahmekönner Shai Gilgeous-Alexander (Oklahoma City Thunder) Dreh- und Angelpunkt der Offensive bleibt. Setzt sich Kanada in der ‚Todesgruppe‘ A durch, dann ist die nächste Medaille für SGA & Co. definitiv drin. Und dann ist klar: Raptors-Edelfan Drake wird dann sicher nochmal in sein Produktionsstudio gehen und den passenden Beat für die olympische Medaille liefern.

Griechenland: Till I Collapse

„Sometimes you just feel tired, feel weak / And when you feel weak, you feel like you wanna just give up / But you gotta search within you, you gotta find that inner strength / And just pull that sh** out of you and get that motivation to not give up” – na, erkannt? Richtig. Eminem besingt in „Till I Collapse“ den Helden. Konkret sich selbst. Vermutlich kann man sich mit Helden-Hymnen an einigen Spielern des Olympia-Turniers abarbeiten, für mich trifft es aber vor allem auf Giannis Antetokounmpo zu, der ‚Hellas‘ auf seinen kräftigen Schultern tragen wird.

‚The Greek Freak‘ stemmt eine ganze (Basketball-)Nation wie einst Herkules. Er ist der größte Hoffnungsträger, um das National-Team wieder zurück zu altem Glanz zu führen. Seine Athletik dürfte kaum zu stoppen sein. Deutschland hat es zwar bei der EuroBasket mit grandioser Defensiv-Taktik vor gemacht, aber Antetokounmpo ist zwei Jahre reifer und in der Qualifikation wurden mal eben Luka Doncics Slowenen aus der Halle geschossen. Auch wenn es für die Griechen in diesem Jahr schwer werden wird, nach einer Medaille zu greifen, freue ich mich auf die Heldengeschichte von Giannis Antetokounmpo – und darauf, dass sie auch nach Olympia weiter gehen wird.

Maodo Lo (Deutschland, 4) w?hrend der Hymne

Testspiel DBB Herren: Deutschland - Japan; Uber Arena, Berlin am 19.07.2024
Maodo Lo ist der deutsche Kabinen-DJ. picture alliance / BEAUTIFUL SPORTS

Deutschland: Heart of a Champion

‚Cause I’m on my way, I can feel my ring comin‘ – ich glaube ich muss die alte Sport-Metapher rund um Championship-Mentality nicht bedienen, oder? Auch wenn ich weiß, dass Maodo Lo als Locker-Room-DJ gerne Nas oder auch mal Klassiker von James Brown auflegt, habe ich mich für Nelly als Intro Song für die DBB-Crew entschieden. Die dritte Medaille in drei Jahren ist greifbar nahe, wenn auch so schwer wie nie zuvor. Auch wenn das natürlich Quatsch ist, denn wer hätte dem Team 2023 den WM-Titel ernsthaft zugetraut?

Gordon Herbert (und auch seine Spieler) hat in der Vorbereitung immer wieder betont, dass man nun als Mannschaft und Basketball-Nation anders wahrgenommen wird. Man müsse die Spannung hochhalten, könne außergewöhnliches erreichen. Man habe die Zielscheibe auf dem Rücken. Eine Sport-Psychologin soll laut DBB in den letzten Wochen vor Turnier-Beginn für den richtigen Support sorgen. Ich persönlich glaube: diese Mannschaft ist erneut bereit für Großes. Sie trägt nicht nur das Talent in sich, sondern vor allem hat sie das Herz am richtigen Fleck – und lässt es wann immer notwendig auf dem Platz. Das Herz eines Champions.

Niko Backspin ist Chief Cultural Officer bei Serviceplan Culture. Der Hamburger Hip-Hop-Journalist ist eine weitbekannte und geschätzte Größe in der internationalen Rap-, Breakdance und Graffiti-Szene. Mit seiner Plattform Backspin ist er auf einer Vielzahl von Kanälen zu Hause – im Podcast, auf YouTube, in TV-Reportagen. Niko ist langjähriger Fan der New York Knicks und engagiert sich sozial für die NGOs Viva con Agua und Basketball AID. Auf Instagram und LinkedIn könnt ihr ihm unter @nikobackspin folgen.

© – by kicker.de

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